SOS Kinderdorf
SOS Kinderdorf
SOS Kinderdorf
Schon als Kind war es Mama Gaisbauers größter Berufswunsch, Kinderdorfmutter zu werden: "Ich komme selbst aus einer großen Familie und viele Kinder haben mich schon immer fasziniert." Eigene wollte sie aber keine, denn: "Es gibt schon so viele auf der Welt, die allein sind und jemanden brauchen – und denen wollte ich helfen." Mit 32 ging ihr Wunsch schließlich in Erfüllung. Derzeit betreut sie zwei Mädchen und einen Burschen im Alter von 13, 14 und 15 Jahren. Alle drei sind Sozialwaisen, die vom Jugendamt ins Kinderdorf gebracht wurden. Ihnen will Frau Gaisbauer Geborgenheit und Sicherheit geben: "Ich versuche, Ihnen einen Rahmen zu geben, wo sie sich gut entwickeln können und starke Persönlichkeiten aus ihnen werden zu lassen." Trotzdem ist sie bewusst nur "elterliche Stellvertreterin": "Wir legen im SOS-Kinderdorf viel Wert darauf, dass die Kinder den Kontakt zu ihren leiblichen Eltern halten – wir bieten ihnen hier ein Familienleben, das für sie außerhalb nicht möglich ist, aber die Eltern bleiben immer die Eltern." Muttertag im Kinderdorf Muttertag ist zum Beispiel immer ein richtiges Familienfest im Kinderdorf, den die Kinder je nach Wunsch auch oft mit ihren beiden Mamas und anderen "richtigen" Verwandten verbringen. An solchen Familientagen, sagt Frau Gaisbauer, wird ihre Berufung zu einem Beruf: "Wenn die leiblichen Eltern da sind, dann muss ich einen Schritt zurück machen, dann wird die stellvertretende Rolle für mich spürbar." Mama wie andere auch Ansonsten ist das Familienleben im Kinderdorf nicht anders als für andere Mamas auch: Vor den Kindern aufstehen, frühstücken, Schule schicken, einkaufen, kochen, putzen, waschen, mit ihnen lernen, sie umsorgen und lieb haben. Daneben noch Mitarbeitergespräche im Dorf und Erziehungsberichte schreiben. Was viele aber nicht wissen: Kinderdorfmütter sind "gelernte Mütter" mit einer umfassenden pädagogischen und psychologischen Ausbildung. Trotzdem teilen sie das Los vieler anderer Mamas weltweit: "Von außen werden wir oft nur als Hausfrau gesehen – die Öffentlichkeit hat zwar eine große Wertschätzung für uns und unsere Arbeit, aber die wenigsten wissen, dass wir auch wichtige soziale und erzieherische Aufgaben leisten." Fundierte Ausbildung Ihre zweijährige Ausbildung erhalten die Kinderdorfmütter im "Kolleg für Familienpädagogik" in Wels. Der Rahmenlehrplan wird von der, nach dem Kinderdorf-Gründer benannten, Hermann-Gmeiner-Akademie in Innsbruck vorgegeben: Er umfasst 47 Wochen Praxis in verschiedenen pädagogischen und psychologischen Tätigkeitsfeldern, 80 Stunden Ausbildungscoaching, 30 Stunden Supervision und 1620 Unterrichtseinheiten theoretische Schulung in Blöcken. Zu den Ausbildungsmodulen zählen familienpädagogische Grundlagen genauso wie Rechtskunde Selbstmanagement und medizinisches Basiswissen. Für MitarbeiterInnen des SOS-Kinderdorfes erfolgt die Ausbildung im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses. Voraussetzung für den Beruf ist Alter zwischen 24 und 42 Jahre, persönliche Eignung, die mit Tests überprüft wird, erfolgreicher Pflichtschulabschluss, sowie angeschlossene Berufsausbildung und –erfahrung. Neue Mamas und Papas gesucht Derzeit betreuen 102 Mamas rund 850 Kinder und Jugendliche in den neun österreichischen SOS-Kinderdörfern. In den nächsten zwei Jahren sollen 20 neue Familien gegründet werden. Das Besondere daran: Es können sich erstmals auch Papas oder Paare für den Job bewerben. Immer mehr Frauen möchten außerdem nur "Kinderdorfmutter auf Zeit" sein, sagt Renate Lehnort von SOS Kinderdorf Österreich: „"Es gibt viele junge, selbstbewusste Frauen, die gerne eine Generation aufziehen, aber dann wieder etwas anderes machen möchten und nicht mehr, wie früher üblich, bis zur Pension bleiben." Viele entscheiden sich für diesen Beruf, weil "sie gerne Familie möchten, aber keine eigenen Kinder, andere wiederum haben schon eigene Kinder, möchten aber nach einer unglücklichen Ehe nicht wieder heiraten." Das schönste Erlebnis für Kinderdorf-Mama Gaisbauer war bisher ein großer Familienausflug mit "all den Kindern, die je irgendwann bei mir im Haus gewohnt haben: Das Zusammengehörigkeitsgefühl, das ich da unter ihnen gespürt habe, war einfach etwas Wunderbares." Isabella Lechner