Die Absatzkurve gehe seit den letzten drei Jahren exponentiell nach oben, verrät Steffi Pekel vom Wiener Spezialisten für exotische Feinkostimporte Winkelbauer, aber warum genau das so ist, ließe sich nur schwer nachvollziehen. Denn zum richtigen Schlager sind die Küchen Südostasiens, bei denen Kokosmilch in etwa ein so essenzieller Bestandteil ist wie Rindsuppe bei uns, ja noch nicht wirklich geworden. Aber wie auch immer, Tatsache ist, dass Kokosmilch nichts mit der köstlich kühlen Flüssigkeit zu tun hat, die man da in Thailand aus geköpften, grünen Kokosnüssen schlürft. Diese wird als Coconut Juice bezeichnet, stammt von speziellen, dafür gezüchteten Palmen und besitzt in der weiterverarbeitenden Kokos-Industrie eigentlich kaum einen Stellenwert, Gelee wird daraus gemacht. Kokosmilch indes ist nämlich das gemahlene, mit Wasser versetzte und dann ausgepresste Fleisch der "reifen Kokosnuss", die in den Plantagen rund um Samut Songkram, "Coconut Land" genannt, millionenfach angebaut wird: An die 75 Jahre lang trägt eine bis zu 30 Meter hohe Kokospalme Früchte, und zwar ungefähr fünfzig Nüsse pro Jahr, aufgeteilt auf etwa acht Ernten. Was im Süden Thailands - und vor allem dann, wenn Touristen dabei zusehen - mitunter auch von speziell trainierten Affen durchgeführt wird, die nach einer etwa einjährigen Schulung wissen, welche Nuss reif und zur Ernte geeignet ist und diese dann mit Karacho von der Palme herabsausen lassen. Hat man so einen Einschlag - Auffallgeschwindigkeit von 80 Kilometer pro Stunde - einmal miterlebt, kann man sich die Tatsache, dass in Thailand pro Jahr 150 Menschen durch herabfallende Kokosnüsse getötet werden, relativ gut vorstellen. Feindselige Affen spielen in diesem Zusammenhang allerdings keine Rolle, die Unfälle ereignen sich meistens dann, wenn sich Leichtsinnige im Schatten der Palme zur Ruhe begeben. Einmal am Boden, werden die Nüsse aufgesammelt, geschält (die Schalen werden getrocknet und gehen an die Matratzenindustrie), geknackt, ausgehöhlt, von der feinen Schale befreit und in Stücke geschnitten. Alles händisch, alles blitzschnell, alles bei unglaublicher Temperatur und Luftfeuchtigkeit, alles um wahnsinnig wenig Geld. Rechts und links der Straßen in der Provinz Samut Songkram türmen sich jedenfalls die Schalen, kein Wunder, allein in England werden von der in britischem Besitz befindlichen Firma "Blue Dragon" in zwei Tagen 40.000 Becher Kokosmilch verkauft. Vor 1999 hielt sich die Begeisterung der Europäer für die Kokosmilch einigermaßen in Grenzen, seitdem ist die weiße Flüssigkeit der absolute Bestseller in der allein 40 Produkte für die Thai-Küche umfassenden Palette. Klar, dass der Exportanteil thailändischer Kokosmilchfabriken bis zu 95 Prozent beträgt. Das Spektrum der verschiedensten Produkte, die man aus den Kokosnüssen herstellen kann, ist gar nicht so gering: von der Kokosmilch mit und ohne Kokosflankerln ("Pulp") und in unterschiedlichsten Fettgradationen - je nach Markt zwischen drei und dreißig Prozent - über Kokospulver, Kokosgetränke, Kokos-Juice bis zur thailändischen Kokos-Curry-Sauce und natürlich auch fertigen Suppen wie die Thai-Tom-Kha-Suppe und Konsorten, die immerhin auch aus bis zu 70 Prozent Kokosmilch besteht. Die unterschiedlichen Sorten von Kokospalmen führen zwar zu unterschiedlichem Fettgehalt in den Nüssen, geschmacklich sei da aber kein Unterschied festzustellen, erfährt man. Also nichts mit sortenreiner Kokosmilch. Der Name Coco stammt übrigens von den Portugiesen und wurde der Nuss erst im 15. Jahrhundert verliehen. Und zwar deshalb, weil die Nuss mit ihren drei Löchern an ein grinsendes Gesicht erinnert. Und auch Marco Polo äußerte sich zu der Frucht mit der harten Schale und dem weißen Kern, nämlich indem er sagte, "eine solche Nuss ist ein Mahl für einen Mann, bietet sowohl Fleisch als auch das Getränk". derStandard/rondo/26/4/02