Washington - Karibus und andere Wildtiere könnten "substanziell" gefährdet wer- den, wenn das Arctic National Wildlife Refuge zur Ölförderung freigegeben wird. So urteilen laut New York Times zwei Behörden des US-Innenministeriums in einer am Freitag in Washington publizierten Studie. Die Forscher der Biological Survey und des Fish and Wildlife Service stellen sich damit gegen das eigene Ministerium, dessen Chef, Gale Norton, für die Erschließung eintritt. Der Konflikt um die Nutzung der Region eskaliert.1960 wurde sie als "letzte große Wildnis der USA" unter Schutz gestellt, weil sie Eisbären, Moschusochsen und vor allem einer riesigen Karibuherde Heimat bietet. Aber auch schon in den 60er-Jahren interessierte sich die Ölindustrie dafür, die gerade in einiger Entfernung das ertragreiche Gebiet Prudhoe Bay erschlossen hatte. Mit dem Beginn der Präsidentschaft George W. Bushs wurden diese - früher abgewehrten - Vorstöße zur offiziellen Politik. Seit dem 11. September erhöht die Regierung ihren Druck auf das Parlament, um die Abhängigkeit von Importöl zu mildern. Allerdings weiß niemand, ob und wie viel Öl es überhaupt gibt. "Es gibt eine 50-Prozent-Chance, insgesamt so viel zu gewinnen", so der US-Geologendienst, "wie die USA in einem halben Jahr verbrauchen." Dem stehen die nun erhobenen Risiken für die Natur gegenüber: "Besonders sensibel" auf Errichtung und Betrieb von Bohranlagen würden laut Studie die 130.000 Karibus reagieren, weil sie zum Kalben über Hunderte Kilometer in den ohnehin schmalen Küstenstreifen wandern. Aber auch die Moschus- ochsen, die ganzjährig dort sind, wären "verletzlich" - vor allem im Winter, wenn auf den gefrorenen Böden die Infrastruktur aufgebaut wird. Auch die Schneegänse würden durch die menschlichen Aktivitäten vertrieben, und niemand weiß, ob sie woanders Futter finden. Nur den Eisbären wäre durch Management zu helfen. (jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31. 3. 2002)