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Kinder sind kleine Erwachsene. Nach diesem Prinzip funktioniert noch in weiten Bereichen die Medikation von Minderjährigen in Europa. Anders die Lage in den Vereinigten Staaten: Dort existieren seit dem Jahr 1997 spezielle Fördermaßnahmen für kindgerechte Arzneimittel. Nun will die Europäische Union nachziehen. Die EU-Kommission hat dazu ein Konsultationsverfahren eingeleitet. Bush für beste Mittel Erst im Jänner diesen Jahres unterzeichnete US-Präsident George W. Bush den überarbeiteten "Best Pharmaceuticals for Children Act", das Gesetz über die "besten Arzneimittel für Kinder". Für die Europäer war dies offenbar der letzte Ansporn, sich selbst intensiver um die Pharmaforschung für die kleinsten Patienten zu kümmern. Über 50 Prozent aller Medikamente, mit denen Kinder in Europa heute behandelt werden, wurden nicht ein einziges Mal speziell auf ihre Eignung für die Kleinen untersucht, stellt die EU-Kommission fest. Nur ganz wenige Arzneimittel - wie zum Beispiel Antibiotika gegen die gängigen Kinderkrankheiten - sind besonders auf die jüngsten Patienten zugeschnitten. In den meisten anderen Bereichen lohnen sich spezielle Studien für Kinder aus der Sicht der pharmazeutischen Industrie nicht: Der Markt ist ihnen zu klein. Also verschreiben die Ärzte den Buben und Mädchen im Krankheitsfall oft einfach reduzierte Dosen der gängigen Medikamente für Erwachsene. Spezielle Förderungen Die EU-Kommission stellt nun in einem Konsultationspapier verschiedene Ideen vor, wie diese Situation geändert werden könnte. Gedacht wird in erster Linie an Förderungen für zielgerichtete klinische Forschung, vor allem an Pulverchen, Zäpfchen und Säften, die bereits im Verkehr sind. Zum Zweiten schlägt die Kommission als möglichen Anreiz für Unternehmen längere Schutzfristen für geistiges Eigentum vor, damit sich Arbeiten an kindgerechten Arzneimitteln lohnen. Kindertest Pflicht Auch ein neues Zulassungsverfahren, das geistige Eigentumsrechte einräumt, wenn ältere Arzneimittel auf neue Anwendungen in der Kinderheilkunde zugeschnitten werden, wird angedacht. Zum Dritten will man auch auf verpflichtende Eingriffe nicht ganz verzichten und erwägt, pädriatrische Studien überhaupt zum Zulassungskriterium zu machen - außer die Anwendung des fraglichen Medikaments ist bei Kindern gänzlich unwahrscheinlich. Interessierte Wissenschafter, Mediziner und Verbände, aber auch Eltern, können zu den Anregungen der EU-Kommission bis Ende April über das Internet Stellung nehmen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31. 3. 2002)