Der Zustand von West- und Südbahnhof ist auch das Ergebnis jahrzehntelanger aneinander Vorbeiplanerei. Jetzt sollen neue Initiativen den ÖBB die Möglichkeit eröffnen, selbst das nötige Geld für die Umsetzung von Projekten aufzustellen. Wien - Dass der Wiener West-und Südbahnhof bei einem europaweiten Ranking gerade noch die vorletzten Plätze erreicht haben (DER STANDARD berichtete), verwundert kaum jemanden: Ist der Zustand dieser Bahnhöfe doch auch das Ergebnis jahrzehntelanger Gesprächsverweigerung und aneinander Vorbeiplanerei. Das begann etwa schon in den 70er-Jahren als offensichtlich im Zustand verkehrspolitischer Umnachtung die Linie U1 stur am Südbahnhof vorbei errichtet wurde. Und das setzte sich fort, als die Stadt Wien in den 80er- und 90er-Jahren eher autistisch Pläne für einen Zentralbahnhof im Bereich Südbahnhof entwarf - was die ÖBB wiederum wenig kratzte, weil sie über weite Strecken in die Planungen nicht eingebunden worden waren. Und die Durchsetzungskraft der "roten" Kommune gegenüber den damaligen Parteifreunden in der Bundesregierung rangierte unter der Nachweisbarkeitsgrenze. Finanzierung Projekt Zentralbahnhof Seit seinem Amtsantritt im April vergangenen Jahres startet nun der Planungsstadtrat Rudolf Schicker Initiativen, um diesen Zustand zu beenden: Schon in seinem Antrittsinterview im STANDARD präsentierte er seine Idee, das Projekt Zentralbahnhof zwischen Süd- und Ostbahnhof zu finanzieren, indem die ÖBB über Umwidmungen frei werdender Grundstücke die Möglichkeit erhalten, diese entsprechend zu verwerten. Die Bundesbahnen sind jetzt daran zwar lebhaft interessiert - während aber in regelmäßigen Abständen mit neuen zuständigen FP-Ministern neu verhandelt werden muss. Für das Westbahnhof-Areal hingegen soll jetzt wieder einmal ein Wettbewerb gestartet werden - um ebenfalls eine Verwertung der dortigen Bahnliegenschaften zu ermöglichen und so das Geld für Umbauten im Bahnhofsareal aufstellen zu können. Schicker favorisiert dabei Tunnellösungen für die Avedikstraße und einen Teil der Felberstraße, was dann Wohn-und Büroprojekte an der verkehrsberuhigten Oberfläche ermöglichen würde. "Süchtige und Sandler" Im Büro des Infrastrukturministers Mathias Reichhold (FP) heißt es dazu vorerst: Die Kritik richte sich schließlich vor allem gegen das "Bahnhofsumfeld, also Süchtige und Sandler auf den Bahnhöfen, den Geschäftsmix sowie die Restaurationsbetriebe". Diese Probleme "können von der Stadtplanung, den ÖBB und den Sicherheitsbehörden behoben werden." Andererseits erklärte das Büro Reichhold zur Anfrage des STANDARD: "Geld ist da." Im Rahmen der Großinvestitionen des Bundes im Bahnbereich würden heuer noch 57 Millionen Euro freigemacht. Etwa für den Nordbahnhof, hieß es im Büro Reichhold. In den Plänen der ÖBB-"Bahnhofsoffensive" ist der Nordbahnhof-Umbau allerdings erst für das Jahr 2004 vorgesehen. Das gleiche Jahr, in dem laut ÖBB auch frühestens der West- und Südbahnhof verbessert werden sollen. Einen Vorwurf von Wien weist Reichhold allerdings zurück: Seine angebliche Gesprächsverweigerung: Für den 3. April sei ein Treffen mit Bürgermeister Michael Häupl anberaumt, am 12. April will sich der Minister dann mit dem Planungsstadtrat Schicker treffen. (frei, rott, DER STANDARD Print-Ausgabe 29.März 2002)