Wien/Prag - Das vorigen Freitag angekündigte Übernahmeangebot der Erste Bank-Hauptaktionärin AVS für den Rest der tschechischen Großsparkasse Ceska Sporitelna (CS) erscheint einigen Kleinaktionären und Analysten zu billig. Die AVS hat vor, pro Stammaktie 375 tschechische Kronen zu bieten, womit sie in Summe rund 750 Mill. Euro (mehr als 23 Mrd. Kronen) locker machen müsste. Im Markt wird jetzt schon über eine Nachbesserung spekuliert. Dem hat Erste Bank-Generaldirektor Andreas Treichl allerdings eine Absage erteilt: Es gebe absolut keinen Anlass, das Offert nachzubessern, sagte Treichl Dienstagabend als Vorstandsvorsitzender der AVS bei einem Bankforum in Prag. In der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen machte man am Mittwoch Konkurrenzmotive und den Grad jeweils eigener Engagements in Tschechien als Grund dafür aus, dass die Bankanalystenmeinungen divergieren. So hätten der französische Credit Lyonnais (CL), das internationale Investmenthaus Merrill Lynch und die Bank Austria/CA den CS-Streubesitzern das Angebot praktisch vorweg zur Annahme angeraten, während aus dem Raiffeisensektor oder heute auch von ING Barings Kritik am gebotenen Preis kam. Auch in tschechischen Medien ist der Totalverkauf der größten tschechischen Retailbank an die Österreicher wieder ein Thema. RZB erwartet Widerstand von Kleinaktionären Anfang der Woche ging die Raiffeisen Zentralbank (RZB) davon aus, dass die AVS dazu gedrängt werden dürfte, das Angebot nachzubessern. Angesichts einer kaum interessanten "Prämie" auf den aktuellen Marktpreis und erster eher unfreundlicher Reaktionen zahlreicher Kleinaktionäre scheint der Angebotspreis von 375 Kronen den RZB-Analysten nicht attraktiv genug, um einen erfolgreichen Abschluss zu gewährleisten. Man erwarte starken Widerstand von Kleinaktionäre, so die RZB, die in ihrer jüngsten Ceska-Analyse das Kursziel für das heurige Jahresende bei 415 Kronen sieht. In den Augen der Analysten von ING Barings spiegelt der gebotene Preis von 375 Kronen je Stammaktie weder das tatsächliche Wachstumspotenzial der Ceska noch den hohen Return on Equity (ROE) wider. ING Baring sähe einen "fairen" Preis für die Aktie bei 430 Kronen. Das "WirtschaftsBlatt" zitierte am Mittwoch die Prager Tageszeitung "Vecernik", wonach "ein vernünftiges" Angebot bei 450 bis 500 Kronen läge. In der neuesten Ausgabe des "Prague Business Journal" spricht CS-Vorstandschef Jack Stack von einem "angemessenen" Offert, er erwarte deshalb, dass es positiv angenommen wird. In der größten Tochterbank außerhalb Österreichs, in der knapp 12.000 Beschäftigte zählenden Ceska Sporitelna hält die Erste Bank heute 52 Prozent am Kapital und 56 Prozent der Stimmrechte. Sie will dort in absehbarer Zeit vollständig das Sagen haben, für die Übernahme des CS-Streubesitzes ist momentan nicht genug Kapital da. Deshalb legt nun zunächst die Erste-Hauptaktionärin AVS für die restlichen 48 Prozent in Prag das 750 Mill. Euro teure Übernahmeoffert. Binnen vier Jahren kann die Erste Bank diese CS-Aktien von der AVS erwerben. Nach erfolgreichem Buyout durch die Österreicher dürfte die CS in Prag von der Börse genommen werden. Die Erste Bank-Spitze hatte am Freitag Überlegungen bestätigt, mit der Aktie der Erste Bank AG selbst in Prag an die Börse zu gehen. Und zwar unabhängig davon, ob mit der völligen CS-Übernahme und mangels handelbaren Streubesitzes ein automatisches Delisting der tschechischen Sparkasse erfolgt. Am Mittwoch gegen 14:00 Uhr notierte die Aktie der Ceska Sporitelna an der Prager Börse bei 370 Kronen und damit 0,80 Prozent unter dem Vortagesschluss. (APA)