Europa
Jospins Leiden erhitzen die Gemüter
Medien im Bann einer angeblichen Schilddrüsen- Erkrankung des Premiers - Umfrage weist dennoch steigende Wählergunst aus
Paris - Knapp vier Wochen vor der Präsidentschaftswahl
in Frankreich erhitzen Meldungen über das Schilddrüsen-Leiden des
sozialistischen Bewerbers Lionel Jospin die Gemüter. Die
Schilddrüsen-Überfunktion des Pariser Regierungschefs wurde am
Dienstag von der konservativen Zeitung "Le Figaro" vermeldet, die
damit einen Artikel der britischen "Sunday Times" aufgriff. Unter Berufung auf "Vertraute" Jospins schrieb das Londoner
Sonntagsblatt, das Leiden rufe beim Premierminister abrupte
Gemütsschwankungen hervor. So werde er zu einer zwiespältigen
"Persönlichkeit wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Laut "Sunday Times"
nimmt Jospin seit 1987 regelmäßig Medikamente, um seine
Schilddrüsenfunktion zu regeln.
Französische Medien berichten traditionell sehr zurückhaltend über
das Privatleben von Politikern. In den vergangenen Monaten hatte
Jospin mehrfach Menschen aus seinem direkten Umfeld verbal
überraschend angegriffen. Die Wahlkampfleiterin des 64-Jährigen,
Marie-France Lavarini, zeigte sich über die Zeitungsartikel
entrüstet. Die Darstellung in der "Sunday Times" sei "völliger
Unsinn". Andere Mitarbeiter vermuteten hinter den Veröffentlichungen
eine "Methode", um die Erfolgsaussichten des Sozialisten bei der Wahl
am 21. April und 5. Mai zu schmälern. Nach der jüngsten Umfrage des
Instituts BVA würde Jospin in der Stichwahl 52 Prozent der Stimmen
erhalten, der konservative Amtsinhaber Chirac nur 48 Prozent. (APA)