Berlin - Die Unions-Parteien wollen dem deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau jetzt schriftlich ihre Einwände gegen ein In-Kraft-Treten des neuen Zuwanderungs-Gesetzes vorbringen. Sie zweifeln die Mehrheit in der Länderkammer an. Der bayerische Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber sagte am Dienstag in München, die regionalen Regierungschefs der Union würden in einem "sehr besonnenen und sachlichen Schreiben" an Rau ihre Kritik an der Verabschiedung in der Länderkammer vorbringen. Erst nach einer Entscheidung des Bundespräsidenten werde geklärt, ob die Unions-Parteien beim Bundesverfassungsgericht klagen würden. In einem Zeitungs-Interview wies Stoiber den Vorwurf des SPD- Vorsitzenden, Bundeskanzler Gerhard Schröder, zurück, die Unions- Parteien setzten Rau unter Druck. Die Sozialdemokraten hätten vielmehr den Bundespräsidenten mit ihrem Vorgehen in diese schwierige Situation gebracht. Ohne Brandenburg keine Mehrheit Nach Ansicht der Unions-Parteien hat es am Freitag im Bundesrat keine Mehrheit für das Gesetz der rot-grünen Regierung gegeben. Der Präsident des Bundesrates, Berlins SPD-Regierungschef Klaus Wowereit, hatte bei der Abstimmung allein das Votum des ebenfalls zur SPD gehörenden brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe als maßgebend eingestuft. Brandenburgs CDU-Innenminister Jörg Schönbohm hatte dagegen mit Nein gestimmt. Das Votum eines Bundeslandes muss nach der Verfassung "einheitlich" abgegeben werden. Ohne das Ja Brandenburgs gibt es keine Mehrheit. In Brandenburg gibt es bei SPD und CDU den Willen, die große Koalition fortzusetzen, auch wenn Stolpe mit seinem Verhalten den Koalitions-Vertrag gebrochen hat. Der regionale SPD-Chef, Matthias Platzek, sagte nach einer Sitzung der sozialdemokratischen Fraktion am Dienstag, die Differenzen sollten bei einer Sitzung des Koalitions-Ausschusses ausgeräumt werden. Die CDU-Fraktion im brandenburgischen Landtag stimmte am Dienstag sowohl gegen vorgezogene Neuwahlen wie gegen einen Rücktritt von Innenminister Schönbohm. Die deutsche Wirtschaft kritisierte die Machtfülle der Länderkammer. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, sagte, der Föderalismus sei wenig effizient und damit zum Nachteil des Staates. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, sagte, über die Verteilung der Verantwortung zwischen Bundestag und Bundesrat müsse gesprochen werden. Die Wirtschaft hatte den Gesetzentwurf der Regierung unterstützt. (APA/dpa)