Geld
Ein Stück Normalität : Warum Fonds auch geschlossen werden
Fonds unrentabel, wenn Kapitalvolumen dauerhaft unter bestimmte Grenze fällt
Berlin - Selbst als die Börse schwächelte, hieß es noch:
Mit Aktienfonds sind Sie auf der sicheren Seite. Zocken war
schließlich out. Börsen haben aber nicht nur die unangenehme
Angewohnheit, sich zyklisch auf und ab zu bewegen. Ein Zusammenbruch
hat immer auch ein Nachbeben: Dieses traf mit leichter Verzögerung
auch die Publikumsfonds. Manche erwischte es so stark, dass die
Fondsgesellschaften die Notbremse zogen und dichtmachten. Die Kunden
fühlten sich dann oft getäuscht, zumal wenn sie hohe Verluste
erlitten haben, weiß Volker Pietsch von der Verbraucherzentrale
Berlin. "Ihnen wurde auch die letzte Hoffnung genommen, dass sich der
Fonds wieder erholt." Die Anlage in Fonds wird gerade mit Blick auf die Altersvorsorge
immer wichtiger. Deutschlandweit zählt das Bundesaufsichtsamt für
Kreditwesen derzeit fast 5.800 inländische und ausländische Angebote.
Innerhalb von zwei Jahren verdoppelte sich so auch die Zahl der
Fondsbesitzer auf 9,8 Millionen Ende 2001. Damit halten über 15
Prozent der Bevölkerung Fondsanteile - Tendenz steigend.
Mit Fonds stiegen auch die Schließungen
Mit den Fonds stiegen auch die Schließungen. Die im Bundesverband
Deutscher Investmentgesllschaften (BVI) vereinten Gesellschaften
lösten im vergangenen Jahr 64 Fonds auf. Das Magazin "Der Fonds"
zählte in von Mitte Dezember bis Ende März 2002 bereits 19 Anlagen,
die vom Markt genommen wurden. Der Sprecher des BVI, Günter Schardt,
mag dennoch nicht von einem Fondssterben reden. Bei mehreren tausend
Fonds "reden wir hier über einen sehr kleinen Anteil".
Was viele Anleger schockt, ist aus Sicht der Experten letztlich
ein Stück Normalität. "Noch vor zwei Jahren waren Schließungen kein
Thema", sagt der Direktor des Deutschen Aktieninstitutes, Franz-Josef
Leven. Damals fürchteten Anlagegesellschaften und Banken noch den
Imageschaden durch eine Schließung - schließlich musste man ja eine
Niederlage eingestehen. Heute steht hier der Mut zur Konsequenz:
Fällt das Kapitalvolumen eines Fonds dauerhaft unter eine bestimmte
Grenze, wird der Fonds unrentabel. Leven schätzt die kritische Grenze
auf etwa 10 Mill. Euro. "Darunter werden die Fixkosten zu hoch."
"Fondspolitik ist eher ein zyklisches Geschäft"
Markus Straub, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der
Kleinaktionäre, sieht gerade Neue-Markt-Fonds gefährdet.
"Fondspolitik ist eher ein zyklisches Geschäft", sagt er. "Als
Telekommunikationsaktien im Rennen waren, wurden unzählige Fonds mit
diesem Schwerpunkt aufgelegt." Das Problem sei dabei, dass alle zu
einem hohen Kurs einsteigen. Werden vermehrt bestimmte Branchenfonds
aufgelegt, ist das für Straub eher ein Zeichen zum Verkaufen solcher
Anteile. Grundsätzlich rät die Schutzgemeinschaft von so genannten
"Modefonds" ab. "Die schwimmen auf einer Welle mit, aber dahinter
geht es den Bach runter."
Als Alarmsignal wertet Verbraucherschützer Pietsch zudem spärliche
Informationen. "Kommt auch auf Nachfrage beim Wertpapierberater der
Bank wenig, ist das kein gutes Zeichen." Anleger sollten gleichfalls
hellhörig werden, wenn von den Unternehmen, in die der Fonds
investiert, auf lange Sicht nur Durchhalteparolen zu vernehmen sind.
Würden dagegen neue Kooperationen, Aufträge, Investitionen oder
Gewinnerwartungen mit Substanz vermeldet, bestehe weiter Hoffnung.
Wichtig sei zudem die Mischung der Aktien, die in einem Fonds stecke,
betont Pietsch. Deshalb müssten sich die Anleger die Fondsstruktur
genau ansehen: Seien bei einem risikoreicheren Fonds genügend stabile
Werte beigemischt, könnten kurzfristige Verluste abgefedert werden.
Bei Firmen, deren Aktien unter einen Wert von einem Euro gefallen
sind, sei die Luft jedoch regelmäßig raus.
Auch Fusionen führen zu Schließungen
Doch nicht nur Exoten oder Branchenfonds droht die Schließung.
Fonds können auch der Fusion von Investmentgesellschaften zum Opfer
fallen. Jüngstes Beispiel: Die Übernahme der Dresdner Bank durch die
Allianz. Hier werden in diesem Jahr mehrere Angebote vom Markt
genommen, weil sie sich zu sehr ähneln. Anders als in Luxemburg ist
eine einfache Zusammenlegung in Deutschland nicht möglich. Auch
Dresdner und Allianz wählen deshalb den Umweg über eine Auflösung.
Dies kann durchaus auch im Interesse des Anlegers sein, wenn durch
ein größeres Volumen des verbleibenden Fonds die Fixkosten für
Verwaltung und Betreuung auf mehr Schultern verteilt werden.
Auf keinen Fall sollten Betroffene bei einer Umschichtung in einen
anderen Fonds derselben Gesellschaft erneut einen Ausgabeaufschlag
zahlen, rät Pietsch. Wenn auch die meisten Institute hier einen
kostenfreien Tausch anbieten, gesetzliche Vorgaben hierfür gibt es
nicht. "Wollen Banken hier erneut Gebühren berechnen, genügt meist
schon der Verweis auf die Konkurrenz", meint Leven.(APA)