Deutschland
CDU/CSU hofft auf Veto gegen Zuwanderungsgesetz
Beckstein: "Rechnen fest damit, dass Herr Rau das Gesetz nicht unterzeichnen wird"
Berlin - CDU und CSU erwarten vom deutschen
Bundespräsidenten Johannes Rau, dass er nach der umstrittenen
Bundesratsabstimmung das Zuwanderungsgesetz nicht in Kraft setzt.
Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) sagte am Samstag im
Deutschlandfunk, er gehe davon aus, dass Rau was rechtens sei auch
feststelle, nämlich dass eine Mehrheit im Bundesrat nicht zu Stande
gekommen sei, da Brandenburg ganz offensichtlich unterschiedlich
abgestimmt habe. "Deswegen rechnen wir fest damit, dass Herr Rau das
Gesetz nicht unterzeichnen wird." Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages,
Rupert Scholz (CDU), sagte am Samstag im DeutschlandRadio Berlin, das
Gesetz sei nicht verfassungskonform zu Stande gekommen und dürfe
deshalb nicht in Kraft treten. Dies werde Rau sicherlich sehr
sorgfältig prüfen. "Nach meiner Auffassung kann es gar keine andere
Entscheidung geben als dieses Gesetz nicht auszufertigen." Damit wäre
das Gesetz dann erledigt.
Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) sagte im
Deutschlandfunk, in den Verfassungen der Bundesländer sei eindeutig
geregelt, wer das letzte Wort haben müsse und das sei der
Ministerpräsident. Die Mehrheit bei der Abstimmung hing an das von
einer großen Koalition regierten Bundesland Brandenburg. Während
Stolpe dem Gesetz zustimmte, votierte sein Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) dagegen.
Nach der umstrittenen Verabschiedung hat auch die CDU-Politikerin
Rita Süssmuth eine rasche Klärung der Verfassungsfragen gefordert.
Sonst könne es zu einem "Brand" kommen, sagte die frühere Leiterin
der Zuwanderungskommission der Regierung der "Passauer Neuen Presse"
(Samstagsausgabe). "Ich sehe zwar keine Staatskrise, aber ich sehe
die Notwendigkeit, den Sachverhalt rasch aufzuklären, da die
wechselseitigen Vorwürfe massiv sind", sagte sie der Zeitung. Sie
bedaure, dass auf die Verabschiedung des aus ihrer Sicht
wünschenswerten Gesetzes ein Schatten gefallen sei.
Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete, die
Bundesregierung habe die Zustimmung der SPD-geführten Bundesländer
zum Zuwanderungsgesetz mit finanzielle Versprechen in Millionenhöhe
geködert. Dies gelte etwa für die Kostenübernahme bei der Sanierung
der Berliner Museumsinsel, berichtete das Magazin vorab aus seiner
neuen Ausgabe. Auch sollen Investitionsmittel zum Ausbau des
regionalen Schienennetzes im nächsten Jahr um 150 Millionen Euro
aufgestockt werden. (APA/Reuters)