Grafik: ETH Zürich
Zürich/Graz/Wien - "Das ist das erste Weltkulturerbe, das wir mit unserer Technik rekonstruiert haben", freut sich Armin Grün von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich. "Nun können Sie alle Daten für die physikalische Rekonstruktion der Buddha-Statuen von Bamiyan aus dem Computer bekommen", sagt der Geomatiker über die von den Taliban im März 2001 gesprengten Monumente. Denn dort sind die einst 38 und 55 Meter hohen Buddhas dank CAD (Computer-aided Design) eben erstmals wieder erstanden - als virtuelles 3-D-Modell. Info aus dem Internet Dabei bedienten sich die Forscher der Photogrammetrie, einer Vermessungstechnik auf Bilderbasis - "ob das Objekt noch da ist oder nicht, spielt für uns keine so große Rolle", erläutert Grün. Nur Bilder brauchen die Forscher. Vier "brauchbare" Fotos fanden sich im Internet, erzählt Grün. Diese wurden "in einem Stereo-Auswertegerät" vermessen und "als dreidimensionale Punkt-Wolke dargestellt, danach rechnerisch vermascht", erklärt Grün dem STANDARD. So entstand ein Maschengeflecht, ein Oberflächenmodell, auf das die Grauwerte oder "Textur" der digitalisierten Bilder projiziert wurden. So gelang das erste fotorealistische 3-D-Modell der Buddhas, das in den nächsten Tagen erstmals auf der Homepage der ETH veröffentlicht werden soll. Nach dieser exakten virtuellen Vorlage soll ein reales 1:10-Modell erstellt werden - "als Zwischenstufe", sagt Grün, und wohl auch zum Fundraising durch die Organisation New-7-Wonders. Zweck: die Rekonstruktion der Statuen, die vom 2. bis 5. Jahrhundert 230 Kilometer von Kabul aus dem Sandstein-Fels gehauen worden waren. Doch noch mangelt es dem Modell an Präzision. Die soll es nun mit heimischer Hilfe bekommen. Es war der Grazer Fotogrammeter Robert Kostka, der 1970 auf einer Nordost-Afghanistan-Expedition nach Bamiyan flog und die für die Rekonstruktion besten Aufnahmen machte - "zum Spaß", wie er dem STANDARD erzählt. Mit einer nun 100-jährigen Kamera, die heute im Alpenvereinsmuseum Innsbruck steht. Daten aus den 70ern Das Spezialgerät belichtete zunächst Platten, die dann an der TU Graz ausgewertet wurden. "Ich habe die Ergebnisse 1974 publiziert, aber seither sind sie brachgelegen", erinnert sich Kostka. Seine Bilder sind inzwischen an der ETH digitalisiert und zu 70 Prozent ausgewertet. Ob sie je zur Buddha-Rekonstruktion vor Ort führen werden, ist für Kostka zweifelhaft: "Ich glaube, dass das im Sand verlaufen wird. Das Geld wird für andere Zwecke gebraucht. Meiner Meinung nach ist ja auch die politische Situation nicht so sicher, dass das einen Sinn hätte." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24. 3. 2002)