Es war einmal ein Zeitalter, da wiederholten Millionen von Menschen mit Vorliebe folgende drei Sätze: "He is afraid. He is alone. He is three million light years from home." Und wenn man diese Menschen dann fragte, was denn der Ausweg aus dieser prekären Lage wäre, dann antworteten sie unisono strahlend: "Nach Hause telefonieren!"

Dieses Zeitalter ist gerade 20 Jahre her, und es begann damit, dass ein mit Thrillern (Duell, Der weiße Hai) zu einigem Erfolg gelangter junger Filmemacher "einen kleinen, persönlichen Film" machen wollte. Wobei im Fall von Steven Spielberg "klein" und "persönlich" relativ sind. "Persönlich" war für ihn zum Beispiel immer die Verehrung von Walt Disneys Peter Pan. Also wollte er nichts Geringeres, als einen ultimativen Film für ewige Kinder kreieren.

Der Held, den Spielberg erdachte, war (bzw. ist bis heute) Botaniker, und zwar ein außerirdischer, der von seinen Kollegen auf der Erde zurückgelassen werden musste. Also freundete sich E.T. (kurz für: Extraterrestrial) mit einem vaterlosen Buben an, zeigte diesem, wie man mit Spielzeug nach Hause telefoniert - und war dabei ein derart herzzerreißend glupschäugiger Publikumsmagnet, dass heute noch Filmhistoriker Aufsätze über "Kindchenschemata in Kinohits" verfassen.

E.T. wurde noch mit geradezu steinzeitlichen Methoden zum Leben erweckt: In dreifacher Ausfertigung erschien er am Drehort. Da war zum einen eine 70 Zentimeter große, ferngesteuerte Puppe aus Gummi, Stahl und Fiberglas für Bewegungen in Nahaufnahme. Dann gab es einen Roboter für Grimassen. Und E.T. Nummer drei war ein verkleideter Liliputaner, der leider nicht so berühmt wurde wie die Kinderdarsteller an seiner Seite, die wiederum nur knapp einem klassischen Jungstar-Schicksal entgingen:

Drew Barrymore etwa, bei den Dreharbeiten knapp sechs Jahre jung, drohte in den 90ern ein Dauerfall für Drogenentzugsprogramme zu werden. Erst in den letzten Jahren bekam sie Leben und Karriere in den Griff. Dementsprechend strahlend präsentierte sie sich zuletzt gemeinsam mit Steven Spielberg den Hollywood-Reportern.

Denn: Zum 20. Geburtstag von E.T. startet an diesem Wochenende in den USA und nächste Woche auch in Europa eine digital überarbeitete Jubiläumsversion. Jetzt kann der Außerirdische seine Lippen synchron bewegen, wenn er nach Hause telefoniert.

Und andere Korrekturen sind wortwörtlich entwaffnend: Ein kleiner Junge erscheint zu einem Kinderfest nicht als Terrorist, sondern als Hippie verkleidet. Böse CIA-Agenten drohen nicht mehr mit Pistolen, sondern mit Handys. Schon jetzt prophezeien Brancheninsider, dass E.T. in die Top 3 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten zurückkehren wird. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24. 3. 2002)