Wien - "Die Gesamtkosten für die Entbindung im Geburtshaus Nußdorf sind rund doppelt so hoch wie die Beträge für eine normale stationäre Entbindung in einer Wiener öffentlichen Krankenanstalt", begründet der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger seine Verweigerung eines Kassenvertrages mit Michael Adam, dem ärztlichen Leiter des mehrfach von der WHO ausgezeichneten Geburtshauses.Methoden der "sanften Geburt" Weitere Argumentation in dem abschlägigen Schreiben an den Gynäkologen, der in seinem Haus mit Methoden der "sanften Geburt" ausnahmslos ambulante Entbindungsmöglichkeiten anbietet: Derzeit gebe es sowieso schon "ein Überangebot an stationären Entbindungseinrichtungen in Wien." Und der Krankenanstaltenplan 2001 sehe schließlich einen Rückgang an Betten im Bereich der Geburtshilfe von 853 auf 694 bis 2005 vor. Auch sei "zu berücksichtigen, dass angesichts des derzeit herrschenden Krankenkassendefizits weitere Verträge - noch dazu, wo eine ausreichende Versorgung gegeben ist - nicht abgeschlossen werden können." B>Finanzielle Schwierigkeiten Das definitive Ende der privaten Einrichtung in Wien-Döbling? "Wahrscheinlich ja", ist Adam, der das Geburtshaus Nußdorf seit 16 Jahren führt, enttäuscht. "Wir sind derzeit wirklichen in finanziellen Schwierigkeiten, vom Kaufmännischen gesehen, müssten wir seit Monaten zusperren. Miete und Honorare können wir seit längerem nicht mehr bezahlen", bedauert er. Die Krankenkasse setzt Geburten in Nußdorf mit Hausgeburten gleich, zahlt also nur Honorare für die Hebammen - sofern diese einen Kassenvertrag haben. Schwangere, die über keine entsprechende Privatversicherung verfügen, müssen daher 2678 Euro für die Geburt selbst bezahlen. Was sich nur wenige leisten wollen und können. Politische Entscheidung Dass sein Haus mehr koste als städtische, weist Adam jedoch zurück: In der Semmelweisklinik würden etwa 3270 Euro pro Geburt verrechnet - mit der Kasse. Auch sei sein Geburtskonzept ein völlig anderes, als städtische Spitäler anböten, auch wenn sie Roma-räder und Badewannen hätten. Adam: "Es ist keine finanzielle oder medizinische Entscheidung, sondern eine politische: Man will uns nicht." Am 16. April will FP-Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck mit Michael Adam über den negativen Kassen-Entscheid reden. Und auch Wiens Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann hat angekündigt, nach einer Möglichkeit zu suchen, das "erfolgreiche Konzept Nußdorf" zu erhalten. ( Andreas Feiertag, DER STANDARD Print-Ausgabe 22.März 2002)