Brüssel/Wien - Die Normverbrauchsabgabe (NoVA) in ihrer derzeitigen Form wird mit hoher Wahrscheinlichkeit fallen. Das ist das Ergebnis eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das am Donnerstag bekannt wurde. Bisher wurden auf den Autopreis je nach Spritverbrauch des Vehikels bis zu 16 Prozent Normverbrauchsabgabe aufgeschlagen. Dagegen hat ein deutsches Leasingunternehmen geklagt und Recht bekommen. Die Argumentation der Richter: Wenn das deutsche Unternehmen das Auto auch nur kurze Zeit nach Österreich verleast, ist dennoch die volle NoVa fällig. Eine anschließende Verwertung des Autos außerhalb Österreichs ist fast unmöglich, weil die angefallene Umweltabgabe das Auto zu teuer macht. Und das wiederum widerspricht der Niederlassungsfreiheit. Die Richter meinen, dass deswegen die Umweltabgabe nur für die Zeit verrechnet werden darf, in der das Auto angemeldet ist. Weitreichende Folgen Dieses Urteil, das sich vorerst nur auf nichtösterreichische EU-Leasingfirmen in Österreich bezieht, wird allerdings die gesamte Praxis der Autobesteuerung auch in Österreich ändern. Denn werden die heimischen Gesetze entsprechend dem neuen Urteil adaptiert, kommt es zu einer Diskriminierung der Inländer - was zwar nach EU-Recht, nicht aber nach österreichischer Verfassung zulässig ist: Ausländer zahlen weniger NoVa als Österreicher. Und diese Diskriminierung trifft auch die heimischen Leasingfirmen: Wer bei ihnen ein Auto least, muss die volle NoVa zahlen. Wer zu einer deutschen oder italienischen Leasingfirma geht, müsste hingegen die Nova nur für die Vertragsdauer bezahlen. Zusätzlich ist in Deutschland die Mehrwertsteuer niedriger als in Österreich, was die Leasingrate zusätzlich vermindert. "Ökologische Motive" Was die Normverbrauchsabgabe selbst betrifft, so erkennen die Richter durchaus ihre ökologischen Motive an. Es sei aber nach EU-Recht nicht erlaubt, die Abgabe - wie in Österreich der Fall - völlig unabhängig von der Dauer zu erheben, für die ein Fahrzeug in einem bestimmten Staat zugelassen ist. Der Gerichtshof verlangt von Wien noch weitere Erleichterungen für ausländische Leasinganbieter. So dürfe von diesen nicht verlangt werden, dass sie in Österreich eine Niederlassung unterhalten, auf die das Leasingfahrzeug zugelassen werden muss. Für die öffentliche Ordnung sei es ausreichend, wenn den Behörden bei der Zulassung des Autos auch die Daten des Leasingkunden mitgeteilt werden. Auch dieser müsse schließlich dafür gerade stehen, wenn mit dem Fahrzeug Verkehrsverstöße begangen werden. Zudem hält der Gerichtshof fest, dass Leasingfirmen die Fahrzeuge nicht bei einer Versicherung in Österreich versichern müssen. Auch dürfe ihnen nicht vorgeschrieben werden, dass die technische Erstuntersuchung des Autos im Inland stattfinden muss. Österreich dürfe nur eine Zusatzuntersuchung verlangen, wenn im EU-Ausland nicht das gleiche geprüft wird wie im Inland. Letzteres Vorabentscheidungsverfahren gehört zu den 57, die im Jahr 2001 von österreichischen Gerichten beim Europäischen Gerichtshof neu vorgelegt wurden. (Jörg Wojahn, Michael Moravec, DER STANDARD, Printausgabe 22.3.2002)