Kein Zweifel: Die 50 Milliarden US-Dollar, die Industriestaaten derzeit für Entwicklungsfinanzierung ausgeben, sind nicht viel. Die UNO hat errechnet, dass es doppelt so viel brauchen würde, um eine nachhaltige Entwicklung der ärmsten Länder zu sichern - auch deswegen, weil diese Staaten jährlich 130 Milliarden Dollar an Zinsen an die reichen Staaten zurückzahlen und sich ihr Schuldenstand in den vergangenen zehn Jahren von 1,4 auf 2,4 Milliarden Dollar vergrößert hat.

Unbestritten ist auch, dass die Entwicklungshilfegelder, verglichen mit dem BIP von Industrienationen vom Schlage Österreichs, beschämend niedrig sind (0,22 Prozent). Und wie sollte man leugnen, dass im bereits vorliegenden "Monterrey-Konsens" für den UN-Gipfel weder verbindliche Fristen für die Entschuldung der Ärmsten enthalten sind noch klare Vorgaben, wie denn das UN-Millenniumsziel von der Halbierung der Zahl der extrem Armen bis 2015 weltweit zustande kommen soll?

Bloß: Ist der - zugegeben - dürftige Monterrey-Konsens deswegen schon ein "windelweiches Papier", wie die Nichtregierungsorganisationen kritisiert haben? Sicher nicht. Zum einen ist dieser UN-Gipfel der erste seiner Art. Und wenn für die Armen dabei schon nichts Finanzielles herausschaut, so doch eine breite Diskussion ihrer Probleme und das sichtbare Auftreten des schlechten Gewissens hartherziger Industriestaaten.

Zum anderen ist in dem Papier von Wettbewerb und vor allem von Handel die Rede. Handel bringt Wandel, das ist ein alter Slogan, den überzeugte Marktwirtschaftler im Zusammenhang mit Entwicklung stets zitieren. Allein, der Markt ist keine Einbahnstraße - und nur fairer Wandel bringt nachhaltigen Handel. Meinen es die reichen Staaten damit ernst, müssen die Schutzzölle auf Produkte aus Entwicklungsländern umgehend fallen. Das bringt den armen Ländern 130 Milliarden Dollar - oder genauso viel, wie sie jedes Jahr an Zinsen zahlen müssen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 19.3.2002)