Wien - Ab heute, Montag, ist die Wahrscheinlichkeit weit höher, dass die Fahrgäste in Wiener U-Bahn-Stationen Menschen sehen, die bedeutungsvoll gestikulieren - während sie selbst davon nichts verstehen: Es handelt sich um eine "Theaterfalle" im Rahmen des Gehörlosen-Theater-Festivals "Arbos". Und bei den "Gesten" handelt es sich um eine vollwertige Sprache, die aber in Österreich immer noch nicht anerkannt ist und so für ein paar Tage ihren Weg in die Öffentlichkeit findet.Die Schauspieler Georg Horngacher und Thomas Lackner - der eine gehörlos, der andere hörend - stellen diese "Theaterfallen" bis 22. 3. in Form von Kurzversionen eines Theaterstückes in den Stationen aller Wiener U-Bahn-Linien auf. Dabei sind sie erst als normale Fahrgäste unterwegs, steigen in einer Station aus - und verwandeln dann in Sekundenbruchteilen den Raum vor dem Entwerter zum Bühnenraum. Nach wenigen Minuten schlüpfen die Schauspieler wieder in die Rolle von Passagieren, begeben sich zurück zum Bahnsteig, um mit dem folgenden Zug zur nächsten "Vorstellung" zu fahren. Die Bühnenversion von "Theaterfallen" nach Daniil Charms hat am 20. 3. im Wiener Theater des Augenblicks Premiere: Zehn kurze Theaterstücke, die der russische Autor Daniil Charms in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschaffen hat. Prototypen des absurden Theaters - die mit Gebärden, Sprache und Bewegung eine drastische Komik aufbauen. Charms selbst war aus politischen Gründen von 1931 bis 1932 wegen seiner Nonsens- und Lautdichtung aus Leningrad verbannt worden. Nach einer neuerlichen Verhaftung starb Charms 1942 im Gefängnis. (DER STANDARD, Printausgabe vom 18.3.2002)