Gedämpfte Freude herrscht beim liberal-konservativen Partido Socialdemocrata (PSD) nach seinem knappen Sieg bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in Portugal. Als "ehrenhaft" sieht der seit 1995 regierende Partido Socialista (PS) seine Niederlage. Gejubelt wird beim kleinen rechten Partido Popular (PP), denn nur mit ihm kommt im Parlament die neue Rechtsmehrheit zum Tragen. PSD-Chef José Manuel Durão Barroso stehen schwere Zeiten bevor. Der erhoffte Erdrutschsieg seiner liberal-konservativen Sozialdemokraten blieb aus. Die Portugiesen wollten eine Wende, vertrauten dem nicht immer überzeugend wirkenden PSD-Präsidenten die absolute Mehrheit aber nicht an. Gespannte Beziehungen Klaren Positionen zu den drängenden Problemen Portugals war Durão Barroso schon im Wahlkampf ausgewichen. Vorsichtig und bedeckt gab er sich auch in seiner Siegesrede. Er sprach von Stabilität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Über die Möglichkeit einer Minderheitsregierung oder einer Zusammenarbeit mit dem PP wolle er erst mit Staatspräsident Jorge Sampaio sprechen. Seine Beziehungen zu PP-Präsident Paulo Portas sind gespannt, im PSD ist eine Koalition mit dem kleinen rechten Bruder umstritten. Klar sieht die politische Zukunft Portugals das Stehaufmännchen Portas, dem seit Jahren der politische Tod vorausgesagt wurde und der am Sonntag plötzlich als Mann der Stunde dastand. Er erwarte von Durão Barroso Koalitionsgespräche, sagte er, denn zum ersten Mal seit 20 Jahren sei der PP ausschlaggebend für eine rechte Mehrheit. Einen Vorgeschmack auf die Verhandlungen gab er mit einer Aufzählung populistischer Prioritäten seiner Partei. "Ehrenhafte Niederlage" Konnte der PSD nur einen halben Sieg erringen, so erlitt der PS eine "ehrenhafte Niederlage", wie Parteichef Eduardo Ferro Rodrigues sagte. Als Nachfolger des zurückgetretenen Premiers António Guterres gelang es dem neuen PS-Spitzenmann, für seine abgenützte und in Verruf geratene Partei den Schaden in Grenzen zu halten und parteiintern seine Position zu festigen. Die Kommunisten, die seit zehn Jahren Stimmen verlieren, konnten ihren Niedergang auch diesmal nicht bremsen. Die Wahlen sollten Portugal eine Regierung bringen, die fähig wäre, große Probleme anzugehen: Bildung, Gesundheit, Justiz und Steuern warten seit Jahrzehnten auf Reformen. Bis 2004 müssen die Finanzen saniert werden, ab 2006 gibt es keine EU-Strukturmittel mehr. Mit einer PSD-PP-Koalition sehen Kritiker den europapolitischen Kurs Portugals gefährdet, Außenministerin Benita Ferrero-Waldner gratulierte indes Durao Barroso zum "beeindruckenden Ergebnis". Österreich erfreut In Österreich gratulierten Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (VP) Durao Barroso zum Wahlsieg. FP-Klubobmann Peter Westenthaler freute sich "diebisch" über die "Abwahl" des "Obersanktionierers" Guterres, während ÖVP-Klubobmann Andreas Khol in Europa "das Pendel in unsere Richtung" ausschlagen sah: "Eine gute Woche beginnt mit einer linken Sanktionsregierung weniger." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 19.3.2002)