Wien
Die Schleife der Architektin
Ein Aussichtsbalkon könnte City und Museumsbezirk erschließen
Wien - Marie Therese Harnoncourt ist enttäuscht. Und auch
Neubaus Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger (Grüne) ist pessimistisch: Das leere Baulos, das von der Breite Gase Blick und Durchgang ins Museumsquartier ermöglicht, wird wohl wirklich zugebaut werden.
Tor zum Bezirk
Als am 27. Februar im DER STANDARD über das an dieser
Stelle geplante Bauprojekt berichtet wurde, hatte die Architektin Harnoncourt noch gehofft, dass statt eines Hauses
mit Durchgang eventuell doch
jener Entwurf, mit dem sie
und ihr Kollege Ernst J. Fuchs
- unter ihrem Signet "the next
ENTERprise" - einen Ideenwettbewerb des Museumsquartiers gewonnen hatten,
realisiert werden könnte:
"Hier ist das letzte Tor zum
Bezirk. Und die Durchlässigkeit des Quartiers war auch
den Architekten des Museumsviertels bei der Gesamtkonzeption ein Anliegen," argumentiert Harnoncourt.
Ihr "Loop", eine Aussichtsplattform, von der aus Besucher das Quartier und die City
betrachten könnten, würde
diesem Postulat der Transparenz gerecht.
Aussichtspunkt über Museen und City
Die Errichtungskosten der
Schleife, meint Harnoncourt,
würden sich auf rund 726.000
Euro belaufen. "Nicht die
Welt", betont die Architektin.
Vor allem wenn man den ideellen Nutzen betrachte: Das
Loop wäre der einzige öffentlich zugängliche und zentral
gelegene Aussichtspunkt über
Museen und City.
Mauseloch
Doch nach derzeitigem Planungs- und Entscheidungsstand soll die Lücke geschlossen werden. Noch heuer will
der Bauunternehmer Winfried
Kallinger damit beginnen. Die
Genehmigungen liegen vor,
der Bau würde - im Gegensatz
zur Schleife - die öffentliche
Hand nicht belasten.
Auch seitens des Bezirkes
ist man unglücklich: War man
vor einem halben Jahr noch
glücklich "dass überhaupt ein
Investor hier etwas tun will",
herrsche nun doch Angst,
"dass der Durchgang zu einem
Mauseloch wird", gibt Bezirksvorsteher Blimlinger zu:
"Ich würde nicht sagen, dass
die Sache gelaufen ist. Aber es
sieht schlecht aus." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Print-Ausgabe 16/17. März 2002)