Wien - Auch "immaterieller Schaden" durch Ärger am Urlaubsort ist einklagbar, stellte der Europäische Gerichtshof per Urteil wie berichtet fest. Justizminister Dieter Böhmdorfer kündigte am Mittwoch an, "eine klare gesetzliche Regelung" zu schaffen, welche "genaue Voraussetzung und die Kriterien für die Höhe des Schadenersatzes festlegt". Das Gesetz solle am 1. Jänner 2003 in Kraft treten. Er habe die Justizsprecher der Parlamentsparteien bereits zu Fachgesprächen eingeladen.

Bisher war in Österreich nur möglich, dass Pauschalurlauber auf Preisnachlässe bestehen, wenn Sachleistungen versprochen, aber vom Reiseveranstalter nicht erbracht wurden. Die Höhe des nachträglichen Rabattes richtete sich nach der so genannten "Frankfurter Liste", benannt nach dem Landesgericht der Mainmetropole, das sich eingehend mit Pauschalreisen befasst hat. Demnach bekommt man beispielsweise 15 Prozent des Preises ersetzt, wenn im Zimmer eine zugesagte Klimaanlage fehlt; fünf bis zehn Prozent, wenn das Essbesteck im Restaurant verschmutzt ist.

Ärger in Geld

Nun wird es auch möglich, nach dem Urteil des EuGH, auch"immateriellen Schaden" durch Ärger geltend zu machen. Im Justizministerium zerbricht man sich bereits die Köpfe, wie Ärger in Geld umzurechnen ist. Einerseits, so erfuhr DER STANDARD, sollen dabei deutsche Berechnungen zum Vorbild genommen werden. Bei unserem nördlichen Nachbarn war der Ersatz von Urlaubsärger auch bisher schon vom Gesetz vorgesehen. Andererseits soll die Berechnung von Schmerzensgeld als Beispiel genommen werden. Den Richtern sollen einige Kriterien - beim Schmerzensgeld ist es etwa die "Beeinträchtigung der Lebensführung" - vorgegeben werden, der Rest ist Ermessenssache. Eine weitere Frage, die der Gesetzgeber entscheiden muss, ist: Inwiefern spielt Verschulden eine Rolle? Aus dem Ministerium heißt es, dass voraussichtlich keine Einschränkungen dabei vorgesehen sind, das heißt, der Veranstalter muss auch bei leichter Fahrlässigkeit Ersatz leisten.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) jedenfalls rät geschädigten Pauschalreisenden, ab sofort sich bei groben Mängeln auf jenen Artikel fünf der EU-Pauschalreiserichtlinie zu berufen, der im Urteil des EuGH auch für immaterielle Schäden Anwendung gefunden hat. Die Gerichte hätten das Reiserecht "richtlinienkonform" zu bewerten.

Die bewusste Klage wurde, wie berichtet, vom Landesgericht Linz an den EuGH geleitet. Eine österreichische Familie machte All-inclusive-Urlaub in der Türkei, die Tochter bekam eine Salmonellenvergiftung, der Familie war so der Urlaub ordentlich vergällt. (szem, er Standard, Printausgabe, 14.03.2002)