Nahost
Israels Armee hält Ramallah fest im Griff
Militäraktionen gegen Palästinenser fortgesetzt - Zinni auf neuer Nahost-Mission - Streit zwischen Sharon und Ben-Eliezer
Ramallah/New York - Ungeachtet des
eindringlichen Aufrufs der UNO zu einem Gewaltverzicht hat Israel am
Mittwoch seine Militäraktion gegen die Palästinenser in Ramallah
fortgesetzt. Dabei wurden ein Kommandant der Leibwache von
Palästinenser-Präsident Yasser Arafat und ein italienischer Fotograf
getötet.20.000 israelische Soldaten im Einsatz
Überall in der Stadt im Westjordanland durchkämmten Soldaten die
Häuser auf der Suche nach palästinensischen Gewalttätern, in den
Straßen blieben zahlreiche Panzer postiert. Nach israelischen
Militärangaben waren im Westjordanland und im Gaza-Streifen 20.000
Soldaten im Einsatz. Bereits am Vortag waren bei den Gefechten auf
beiden Seiten mindestens 41 Menschen getötet worden. Der
UNO-Sicherheitsrat verlangte einen umgehenden Verzicht auf Gewalt. In
einer Resolution erwähnte der Sicherheitsrat zugleich erstmals einen
Palästinenser-Staat, der gleichberechtigt neben Israel existieren
solle.
Kommandant von Arafats Elitegarde getötet
Aus Palästinenserkreisen verlautete, der stellvertretende
Kommandant der Elitegarde Force 17 in Ramallah, Abu Fadi, sei am
Morgen getötet worden. Der ebenfalls getötete italienische Fotograf
Raffaele Ciriello ist der erste ausländische Journalist, der in dem
seit anderthalb Jahren dauernden Palästinenser-Aufstand gegen die
israelischen Besatzer ums Leben kam. Er sei von israelischen
Geschossen sechsmal in der Brust getroffen worden, verlautete aus
einem Krankenhaus in Ramallah. Die israelische Armee kündigte an, sie
werde die Umstände seines Todes untersuchen. In der Nacht zum
Mittwoch sollen in Ramallah nach palästinensischen Angaben weitere
fünf Palästinenser getötet worden sein.
Ciriello war als freier Fotograf im Westjordanland unterwegs
gewesen. Seine Homepage zeigt unter dem Titel
"Postcards From Hell (Ansichtskarten aus der Hölle)", dass Ciriello
bereits in verschiedenen Krisengebieten wie Afghanistan, Sierra
Leone, Ruanda und dem Kosovo als Fotograf gearbeitet hatte.
Ein französischer Journalist erlitt nach israelischen Angaben eine
Schussverletzung am Bein. Sie sei nicht lebensgefährlich, der Mann
werde in einem Krankenhaus in Jerusalem behandelt.
Streit in israelischer Regierung wegen Militäraktion
Zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon und
Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer kam es am Mittwoch zu
einem heftigen Streit über das militärische Vorgehen in Ramallah.
Israelische Medien berichteten, Ben-Eliezer habe während einer
Sitzung des Kernkabinetts tiefe Zweifel an der Zweckmäßigkeit der
Militäraktion geäußert und während eines erbitterten Wortgefechts
sogar mit Rücktritt gedroht.
Der US-Nahost-Gesandte Anthony Zinni wird am Donnerstag in der
Region erwartet, wo er einen Waffenstillstand vermitteln soll. Diesen
werde es aber ohne einen Abzug Israels nicht geben, sagte der
palästinensische Informationsminister Yasser Abed Rabbo. "Ein
Waffenstillstand ist unmöglich, solange sie Ramallah besetzen,
solange sie ihre Scharfschützen auf den Dächern der Stadt platzieren,
um Zivilisten zu töten, die sich auf den Straßen bewegen", sagte er.
Dies wäre kein Waffenstillstand, sondern eine Kapitulation.
Cheney auf Nahost-Reise in Ägypten
Derweil besuchte US-Vizepräsident Dick Cheney im Rahmen seiner
Europa- und Nahost-Reise Ägypten. Er hatte zuvor in Jordanien
Gespräche geführt. In Sharm el Sheikh am Roten Meer führte Cheney
zunächst mit Ägyptens Außenminister Ahmed Maher ein Gespräch. Maher
hatte vor dem Treffen erklärt, er sei für alle Themen offen, aber
zunächst müsse die anhaltende israelische Aggression gegen das
palästinensische Volk angesprochen werden."(APA/Reuters/dpa)