Die türkische Regierung hat sich offenbar entschlossen, demnächst kurdische Rundfunk- und Fernsehsendungen in eng begrenzter Form zuzulassen. Vorgesehen ist laut Nachrichtensender NTV, auf einem der vier Kanäle des Staatsfernsehens TRT und im Rundfunksender "Stimme der Türkei" wahrscheinlich eine halbe Stunde am Tag Sendungen in kurdischer Sprache auszustrahlen.Vor ihrer Entscheidung hatte die Regierung die Sicherheitsorgane des Landes aufgefordert, zu der Frage, ob Sendungen in kurdischer Sprache erlaubt werden sollen, eine Stellungnahme abzugeben; sie viel positiv aus. Kurdisches Fernsehen gehört zu dem Katalog der EU unter der Rubrik "Kulturelle Rechte für Minderheiten" und wird als Teil der Kopenhagener Kriterien angesehen, die die Türkei vor Aufnahme von Beitrittsgesprächen erfüllen muss. Seit die Termine zur Umsetzung bestimmter Reformen im "Fahrplan", den die türkische Regierung mit Brüssel vereinbart hat, näher rücken - Termin für den ersten Reformblock ist der 19. März - nimmt die innenpolitische Auseinandersetzung an Schärfe zu. Höhepunkt dieser Auseinandersetzung war ein Auftritt des Generalsekretärs des Nationalen Sicherheitsrates, General Tuncer Kilin¸c, in der letzten Woche, der in einer öffentlichen Veranstaltung der Kriegsakademie gesagt hatte: Die EU wird nie bereit sein, die Türkei als Vollmitglied aufzunehmen, die Türkei solle endlich ihre eigenen Interessen wahrnehmen, statt sich die Agenda von Brüssel diktieren zu lassen, und es wäre an der Zeit, sich nach anderen außenpolitischen Optionen umzusehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. März 2002