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Wien - Das Rundfunkgebührengesetz (RGG) enthält einige verfassungsrechtlich bedenkliche Details. So bekamen vermeintliche Schwarzseher mit Zweitwohnsitz in den letzen Wochen die postalische Aufforderung von der Gebühren Info Service GmbH (GIS), bei ihr eine zweite Anmeldung zu erstatten. Die Rundfunkgebührenpflicht knüpft an das bloße Bereithalten oder -stellen eines Empfangsgerätes an. Zu zahlen hat der jeweilige Eigentümer, Mieter oder Inhaber einer Wohnung oder eines Büros. Es kommt also nicht darauf an, dass jemand dort einen Haupt-wohnsitz hat. Vor allem Zweitwohnsitzinhabern und Personen, die ihre Rundfunkgebühren nicht vom Hauptwohnsitz aus (oder gar nicht) entrichten, flatterten nun die suggestiv gehaltenen GIS-Anfragen ins Haus. Dabei ist es höchst umstritten, ob man für einen Zweitwohnsitz überhaupt eine zweite Bewilligung zusätzlich zur Hauptbewilligung am eigentlichen Wohnsitz braucht. Die GIS vertritt freilich die Auffassung, dass dies sogar für das "Chalet" erforderlich ist. Verfassungsexperten meinen, dass das Gesetz, das keine ausdrückliche Berücksichtigung von Mehrfachwohnsitzen enthält, zu einer verfassungswidrigen Rechtslage führt - denn eine Person kann ja nur gleichzeitig an einem Ort sein und dort Radio hören oder fernsehen. Äquivalenzprinzip Die mehrfache Gebührenvorschreibung verstößt zudem gegen das abgabenrechtliche Äquivalenzprinzip, wonach Leistung und Gegenleistung in einem vernünftigen Verhältnis stehen müssen. Für Autos kennt das RGG schließlich auch eine Ausnahme: Das Autoradio ist von der Hauptbewilligung erfasst. Wer den GIS-Anfragen keine Folge leistet, muss es allerdings auf eine Überprüfung seiner Angaben durch die örtliche Bezirksverwaltungsbehörde ankommen lassen. Die Nichtanmeldung kann mehr als 2000 Euro Strafe kosten. Die neuen GIS-Aktivitäten zählen zu den Auswirkungen der Volkszählung im Vorjahr und dem Aufbau des zentralen Melderegisters. Sie sind aber auch Folge eines Anfang 2000 in Kraft getretenen Gesetzes, welches die GIS als so genanntes beliehenes Unternehmen mit behördlichen Befugnissen eingerichtet hat. Die Anfragen der GIS, ob am Standort vom Wohnsitzinhaber Rundfunkgeräte betrieben oder bereitgehalten werden, müssen daher beantwortet werden. In den Formularen gestellte Fragen, die darüber hinausgehen, entbehren aber der gesetzlichen Deckung. Verwirrspiel Für Verwaltungsjuristen enthält das RGG einige Musterstücke an behördlichem Verwirrspiel. So sind Berufungen gegen Bescheide an die Finanzlandesdirektion zu richten. Vollstreckt und überprüft wird dagegen von der Bezirksverwaltungsbehörde, in Wien und anderen größeren Städten vom Magistrat. Es gibt einige weitere gesetzgeberische Fehlleistungen im Umfeld des RGG. So richten sich die Überprüfungsbefugnisse bei falschen Rückmeldungen nach dem Telekom-Gesetz, das im RGG mit einer veralteten Fassung zitiert wird. Höhepunkt der legistischen Schlamperei ist aber ein Verweisungskarussell bei den Befreiungen. Wer sich im Bundesgesetzblatt in der Fernmeldegebührenordnung kundig machen möchte, wem nun "tatsächlich" Befreiungen zustehen, landet am Ende beim Befähigungsnachweis für Fußpfleger. (DER STANDARD, Printausgabe 12.3.2002)