Mit Direktoren für Technik und Onlinefragen soll der ORF-Stiftungsrat Dienstag die Anstaltsleitung komplettieren. Doch Rot und Blau meldeten im Vorfeld ernste Bedenken an.Karl Krammer gilt als Wortführer im "Freundeskreis" jener Stiftungsräte, die den Sozialdemokraten nahestehen. Montag zeigte er sich im Gespräch mit dem STANDARD bei beiden Kandidaten besorgt. Rückkerhmöglichkeit ORF-Direktor kann nur werden, wer vier Jahre davor kein politisches Amt bekleidete. Ronald Schwärzler, vorgesehen als erster Onlinedirektor, war bis 1997 auf einer Wahlliste "Freiheitlicher und Parteifreier" Gemeinderat. Krammer lagen Montag Informationen vor, wonach er sein Mandat zwar zurückgelegt habe, sich aber nicht von der Liste streichen ließ. Das, meint Krammer, bedeutete eine Rückkehrmöglichkeit. Weil das Gesetz aber vom "Ausüben" einer solchen Funktion spricht, sei dies "formal nicht unvereinbar", räumte Krammer ein. Die Optik sei freilich alles andere als "lustig". Verkauf der Radioberatungsfirma Beim künftigen Technischen Direktor Andreas Gall geht es um dessen Radioberatungsfirma, die er bei einer Bestellung verkaufen müsste. "An seine Frau oder einen Freund" zu veräußern wäre für Krammer kein gangbarer Weg. "Mögliche Rückkehrrechte" müssten "offengelegt" werden, fordert Krammer - schließlich könnte Gall als Technischer Direktor seine frühere Beratungsfirma fördern: "Ich will keinen zweiten Fall Androsch", spielt er auf den früheren SP-Finanzminister und Nebenerwerbssteuerberater an. Sei ihm eine saubere Lösung dieses Problems nicht erkennbar, wollte Krammer nicht ausschließen, den Dienstverträgen für die neue ORF-Führung nicht zuzustimmen. Saubere Regeln fordert Krammer auch für den Fall, dass der ORF Galls Firma kauft. Auf dem Küniglberg bestätigt man nach entsprechendem STANDARD-Bericht "Interesse" daran. Das lehnt FP-Klubchef Peter Westenthaler als "dubios" ab. In einem Montag versandten Brief legt er das allen Stiftungsräten nahe. Im gleichen Schreiben ruft er in FP-Tradition zum Abbau von Privilegien der ORF-Spitze auf - mehr zu deren Gagen im Bericht unten. Technikdirektor muss verkaufen Andi Gall, den kaum jemand Andreas nennt, soll Dienstag zum neuen Technischen Direktor des ORF bestellt werden. Bisher leitete der 37-Jährige die Ö3-Technik. Freilich nicht als Angestellter der Anstalt, sondern über einen Beratungsvertrag mit Galls Consultingfirma Mondocom mit Standorten in München, Los Angeles und an der Wiener Ö3-Adresse. 17 Mitarbeiter weist Mondocom im Internet als "Team" aus, darunter auch Anette Gall für die Buchhaltung. An Referenzkunden führt man dort neben ORF und Ö3 Radios des Bayerischen und des Norddeutschen Rundfunks, das Berliner RTL-Radio, Antenne Bayern sowie Radio Liechtenstein. Onlinedirektor mit Politpraxis Der erste Onlinedirektor des ORF, Ronald Schwärzler, ist wie sein künftiger Kollege Gall an einer Beratungsfirma beteiligt und müsste diese verkaufen oder einstellen. Mehr Schwierigkeiten aber macht Schwärzler die Politik. Wie berichtet, war Gall Gemeinderat von Nenzing (Vorarlberg). Vier Jahre muss man ohne politisches Mandat sein, um ORF-Direktor zu werden. 1997 schied er aus der Gemeindevertretung. Unter ORF-Stiftungsräten wurden Zweifel laut, ob nicht auch ein ruhend gestelltes Mandat unter die ORF-Klauseln fällt. Schwärzler, 40, verheiratet und Vater dreier Kinder, managte bis Ende 2000 Teleport, Internettochter des Vorarlberger Medienhauses. (fid/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. März 2002)