Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie im Jahre 1918 war die slowenische Führung, die sich nun zum SHS-Staat bekannte, bemüht, in den Grenzgebieten, also in den Kronländern Steiermark und Kärnten, vollendete Tatsachen zu schaffen. Der Staatsrat der Republik Deutschösterreich hatte in seiner Vollzugsanweisung die Grenzen Kärntens, ohne Rücksicht auf die Sprachgrenze, unberührt gelassen (nur die Gemeinde Weißenfels/Fusine, seit 1919 bei Italien, wurde mit Krain gegen Seeland/Jezersko getauscht).In der Steiermark wurde eine Grenze beansprucht, die das damals noch überwiegend deutschsprachige Marburg/Maribor bei Österreich belassen hätte. Das Problem dabei war, dass das Umland der Stadt slowenisch besiedelt war, sie war, wie weiter südlich Cilli und andere Orte, eine - allerdings zahlenmäßig sehr bedeutende - Sprachinsel. Schon in den Tagen des Umsturzes besetzte der ehemalige k.u.k. Offizier Rudolf Majstr mit slowenischen Verbänden die Stadt Marburg und das Abstaller Becken südlich der Mur sowie Radkersburg. Als die Marburger am 27. Jänner 1919 für die Zugehörigkeit zu Österreich demonstrierten, schoss das slowenische Militär in die Menge, es gab etliche Todesopfer. Widerstand gab es in der Südsteiermark nur im Gebiet von Radkersburg. Italien, das jugoslawische Ansprüche aus eigenem Interesse in Grenzen halten wollte, unterstützte Österreich beim Verlangen nach einer Volksabstimmung in Marburg, doch Frankreich setzte die Ablehnung dieses Wunsches durch. Lediglich Radkersburg blieb österreichisch. Das bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ziemlich einheitlich slowenische Südkärnten war in den letzten Jahrzehnten der Monarchie zu einem gemischtsprachigen Gebiet geworden; mit dem Wachstum der Städte waren teils deutschsprachige Kärntner zugewandert, teils waren Slowenen durch die Schule und die besseren sozialen Aufstiegschancen assimiliert worden und bekannten sich als Deutsche. Auch der einsetzende Volkstumskampf, in dem die Slowenen nur die Unterstützung der Kirche hatten, trug zu dieser Entwicklung bei. Waren 1846 noch 103.000, 90 Prozent der Bevölkerung Südkärntens (ohne das 1919 abgetretene, rein slowenische Mießtal) Slowenen gewesen, so war ihre Zahl 1910 auf 66.000 (43,5 Prozent) gesunken. Auch in Kärnten wollte die slowenische Regierung in Laibach/Ljubljana ein Fait accompli schaffen. Slowenische Verbände rückten in Südkärnten ein, die Vereinbarung über eine Demarkationslinie südlich der Drau wurde bald durch die Besetzung von Bleiburg und Völkermarkt gebrochen. Es begann der in Kärnten so genannte "Abwehrkampf". Ein Zangenangriff der Slowenen auf Klagenfurt wurde vereitelt, Kärntner Freiwilligenverbände und die aus Wien anrückende Volkswehr drängten sie über die Drau zurück. Daraufhin schaltete sich Serbien als Hauptmacht des SHS-Staates ein. Vor der Übermacht der jugoslawischen Truppen mussten die Österreicher zurückweichen und selbst die Hauptstadt Klagenfurt/Celovec preisgeben. Die Kämpfe in Kärnten hatten die Pariser Friedenskonferenz zum Eingreifen bewogen. Nun sollte eine Volksabstimmung entscheiden. Das Gebiet wurde in zwei Zonen eingeteilt. Die Zone B mit Klagenfurt mussten die Jugoslawen räumen; in ihr sollte das Referendum nur stattfinden, wenn sich die südlichere Zone A für den Anschluss an Jugoslawien entscheiden würde. Beim Plebiszit sprachen sich dort jedoch 59,04 Prozent für den Verbleib bei Österreich aus, was bedeutet, dass auch ein Teil der slowenischsprachigen Bevölkerung so stimmte. So war von Kärnten nur (ohne Abstimmung) das Mießtal und die Gemeinde Seeland an Jugoslawien gefallen. Das Kanaltal um Tarvis, zu drei Viertel von Deutschen und einem Viertel von Slowenen bewohnt, fiel an Italien. Die Forderung nach Autonomie für das Kärntner gemischtsprachige Gebiet lehnte die junge Republik Österreich ab. Die Zahl derer, die sich als Slowenen bekannten, sank bei den Volkszählungen von 39.292 (1923) auf 26.796 (1934). Während man seitens der Sozialdemokraten versuchte, mit einer Schul- und Kulturautonomie der Slowenen Reziprozität in der Behandlung der deutschen Minderheit in der ehemaligen Untersteiermark und der Gottschee zu erreichen, setzten die Großdeutsche Partei und der Landbund auf eine Spaltung der Slowenen in Nationalbewusste und (eher assimilierungswillige) "Windische". 1930 wurden die Verhandlungen über die Schulautonomie abgebrochen. Vergeblich verlangten die Slowenenführer die Erhaltung des zweisprachigen Unterrichts, wie er in der Monarchie üblich war; dabei war es freilich auch ein Problem, dass es für viele Eltern aus sozialen Aufstiegsgründen wichtiger war, ihre Kinder perfekt Deutsch lernen zu lassen. Nach dem "Anschluss" des Jahres 1938 wurde die Germanisierungspolitik, trotz Loyalitätsbekenntnissen der Slowenenvertreter, bald offizielle Linie. Nationalslowenische Betätigung galt nun als Landesverrat, Nichtdeutsche durften keine Bürgermeister mehr werden, durch Errichtung von Kindergärten in Unterkärnten sollten der zweisprachige Unterricht in den ersten Volksschulklassen überflüssig werden. Die Spaltung der Volksgruppe in assimilationsbereite "Windische" und "verstockte" Slowenen wurde von Mundartforschern wissenschaftlich zu untermauern versucht. Aber das war erst der Anfang. Im Krieg nahm die Unterdrückung brutale Formen an. (DER STANDARD-ALBUM, Print-Ausgabe, 9./10. 3. 2002)