Zeit
Nachkriegsjustiz: Wie NS-Verbrechen geahndet wurden
Neue Website bietet alle Informationen über NS-TäterInnen und die Nachkriegsjustiz
Wien - Das Thema Nachkriegsjustiz steht im Mittelpunkt einer
neuen Homepage: Unter www.nachkriegsjustiz.at
können nun
Details zur gerichtlichen Ahndung nationalsozialistischer
Gewaltverbrechen in Österreich abgerufen werden. Betrieben wird die
Website von der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, deren Kuratorium
von Alt-Kanzler Franz Vranitzky (S) und dem ehemaligen Zweiten
Nationalratspräsidenten Heinrich Neisser (V) geleitet wird.
Zur Bewusstseinsbildung
"Mit der Website wird eine Informationsquelle für Schule und
wissenschaftliche Forschung zur Verfügung gestellt und ein Beitrag
zur Bewusstseinsbildung für den Umgang mit den verdrängten Verbrechen
österreichischer NS-TäterInnen geleistet", betonen die Betreiber in
einer Aussendung.
Neben laufend aktualisierten Informationen zu NS-Verbrechen an
verschiedenen Opfergruppen bietet die Website Hilfe bei der
Auffindung von Gerichtsakten sowie Hinweise auf Veranstaltungen und
Projekte an.
Volksgerichte
Wie die Forschungsstelle Nachkriegsjustiz in einer Aussendung
betont, gab es neben dem Alliierten Militärgerichtshof in Nürnberg
auch in anderen Ländern, darunter Österreich, eine intensive
justizielle Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen. In Österreich
wurde gegen 137.000 mutmaßliche TäterInnen Verfahren vor den so
genannten Volksgerichten eingeleitet, 13.600 Angeklagte wurden
zwischen 1945 und 1955 verurteilt.
Nach 1956 wurden laut der Forschungsstelle allerdings kaum mehr
Prozesse geführt. Von den wenigen Verfahren gegen NS-TäterInnen
wurden die Meisten eingestellt, viele endeten mit Freisprüchen,
lediglich 20 der 24 Schuldsprüche wurden rechtskräftig. Mitte der
siebziger Jahre wurde die Verfolgung von NS-Verbrechen in Österreich
praktisch eingestellt. "Nach einem Vierteljahrhundert der absoluten
Straflosigkeit für NS-Täter hat Österreich im März 2000 mit dem
vorzeitigen Abbruch des Prozesses gegen den Euthanasiearzt Heinrich
Gross die wohl letzte Chance verpasst, der moralischen Verpflichtung
gegenüber den Opfern nationalsozialistischer Gewaltverbrechen gerecht
zu werden", heißt es in der Aussendung der Forschungsstelle. (APA)