Nach der geistigen Windstille der letzten Wochen und Monate, in denen die Regierung durch Streit und diverse Kapriolen freiheitlicher Spitzenpolitiker paralysiert war, weht wieder ein Lüftchen. Ein frostiges zwar, wenn man die große Distanz bemerkt, die in den kleinen, leisen Gesten zwischen Kanzler Wolfgang Schüssel und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer deutlich wird; aber die Regierung macht Luft.

Die Inszenierung der Harmonie bei der Regierungsklausur in St. Wolfgang war vordergründig perfekt, aber verhalten. Es galt, der Bevölkerung endlich wieder ein Signal zu senden, dass nicht nur gestritten, sondern auch gearbeitet wird. Das traute Trachtenpärchen gaben Kanzler und Vizekanzlerin nicht ab: Schüssel trat zwar im Lodenjanker auf, Riess-Passer mochte aber im pelzbesetzten Jeansjäckchen nicht so recht dazupassen.

Die "großen Würfe", die gemeinsam präsentiert und verabschiedet wurden, sind allesamt Konsensthemen, die lang vorbereitet waren und nicht erst erstritten werden mussten. Das soll die Leistung nicht schmälern: Die "Abfertigung neu", die Universitätsreform, aber auch die Sterbekarenz, die jetzt Familienhospizkarenz heißt, sind wichtige Vorhaben, die zu würdigen sind. Über die Details wird noch viel diskutiert werden.

Die großen, wichtigen Themen, an denen letztendlich der Erfolg der Regierung gemessen werden wird, blieben aber ausgeklammert. Das Budget für 2003 und die anvisierte Steuerreform wurden zur Seite gelegt, die Anschaffung der Abfangjäger war ein verschämtes Tabuthema, das man lieber nur hinter vorgehaltener Hand ansprach. Das zentrale Thema, eine Verwaltungsreform, die auch zu einer Neuordnung des Bundesstaates führen sollte, wurde gar nicht erst angesprochen. Viel Zeit bleibt aber nicht mehr. Und über der schönen Inszenierung von St. Wolfgang strahlt in diffusem Licht der Stern des Südens, der allen Bemühungen ein jähes Ende bereiten könnte. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 9.3.2002)