Wien - "Das Leben des Jesus", aufgezeichnet vom Linzer Star-Cartoonisten Gerhard Haderer und im Verlag Ueberreuter erschienen, lockte bei seiner Buch-Präsentation am Donnerstagabend im Wiener Palais Trauttmansdorff mehr Besucher an, als der Saal zu fassen vermochte. Angelockt waren diese wohl auch durch einigen Vorschuss-Qualm, der noch vor Erscheinen des Buches hochgestiegen war, als ruchbar wurde, dass sich der Karikaturist mit Jesu Leben beschäftige.Im Weihrauchduft Rauch und Dunst ist denn auch das dramaturgische Kernelement in Haderers Neuzeichnung des Neuen Testaments, wo jener Weihrauch, den die drei Weisen - nebst Gold(-zähnen) und Myrrhe - am Stall in Bethlehem hinterließen, folgenschwere Konsequenzen hat. Kaum hat nämlich der kleine Heiland in der Krippe ein Näschen Weihrauchduft eingezogen, hört er nicht nur mit dem Kreischen auf, sondern beginnt zu strahlen. So sehr, dass nicht nur die Winternacht erhellt wird, sondern Klein-Jesus mit seinem Strahlen auch nächtens die Zimmermannswerkstatt von Nährvater Josef erleuchtet und sich bald alle Kinder um ihn scharen, weil man dank ihm auch in stockfinsterer Nacht Tempelhüpfen kann. Getörnt mit einer Prise Weihrauch kann Christus über den See surfen, Lahme heilen, wundersam Fische vermehren, Wasser in Wein verwandeln und schließlich in den Himmel auffahren. Es sind seine Jünger, die Jesus auf die himmlische Weihrauchwolke treiben, weil dieser bei deren Heiland-Verwertungsspiel nicht mehr mitmachen will. Die Jünger kassieren kräftig bei jedem Wunder, werden zusehends reicher, dicker und wohlhabender und vergraulen mit ihrem Heiland-Devotionalien-Business schließlich ihren Meister. Am Rande Robert Menasse, Haderer-Fan und Freund, bekannte als Buch-Präsentator, dass er sich zuvor zwar kein Näschen, wohl aber ein Gläschen gegönnt habe, nachdem er am Nachmittag erfahren hatte, dass ihm der renommierte Hölderlin-Literaturpreis zuerkannt worden war und würdigte Haderers "fast geniale Erklärung, warum Jesus Christus eine solche revolutionäre, ungewöhnliche, kreative, sozialrevolutionäre Botschaft künden konnte und warum diese Botschaft zur Weltreligion aufsteigen musste". Haderer schützte ein karitatives Anliegen als Motiv für sein neues Buch vor. Wann immer er mit seinen Karikaturen religiöse Randbereiche gestreift habe, habe er die übertriebensten Reaktionen einstreifen müssen: "Man muss diese Menschen ja unterstützen". Und um all jene, die fürs neue Haderer-Buch eine aktuelle politische Thematik erwartet hatten, nicht ganz zu enttäuschen, trägt der Oberapostel Züge, die Österreichs Bundeskanzler nicht unähnlich sind. (APA)