Istanbul - In den Streitkräften der Türkei gibt es wachsende Vorbehalte gegen die von der Regierung angestrebte Mitgliedschaft in der EU. Stattdessen sollte sich die Türkei mehr an Russland und den Iran anlehnen, empfahl General Tüncer Kilinc am Donnerstag auf einer außenpolitischen Tagung der Streitkräfte in Istanbul. Kilinc ist Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrates, in dem die Streitkräfte eine führende Rolle spielen. Die Türkei habe von der EU noch nie die leiseste Unterstützung bekommen, kritisierte Tüncer und fügte hinzu, die Union habe eine negative Einstellung zu den Problemen der Türkei. Tüncer vertrat in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass die Türkei ihre Außenpolitik überdenken und nach neuen Verbündeten Ausschau halten sollte. Unter diesen sollte man auf jeden Fall auch Russland und den Iran in Betracht ziehen. Streit über EU-Beitritt Tüncers Ausführungen kommen zu einer Zeit, in der in den Reihen der Koalitionsregierung von Ministerpräsident Bülent Ecevit ein Streit über die angestrebte EU-Mitgliedschaft entbrannt ist. Der wirtschaftsliberale stellvertretende Ministerpräsident Mesut Yilmaz hat kürzlich einen Volksentscheid über den EU-Beitritt gefordert, was von Ecevit strikt abgelehnt wird. Die EU hat die Türkei 1999 grundsätzlich in die Reihen der möglichen Beitrittskandidaten eingereiht, jedoch erklärt, dass vor einem Beitritt noch wesentliche Änderungen nötig sind. Dazu gehören demokratische Reformen wie mehr Gleichberechtigung für die kurdische Minderheit, größere Meinungsfreiheit, die Abschaffung der Todesstrafe und Wirtschaftsreformen. Beobachter vertreten die Ansicht, dass die Streitkräfte um ihren verfasungsmäßig großen Einfluss auf die Politik fürchten, da dieses System den EU-Grundsätzen widerspricht. (APA/AP)