Weltbank-Präsident: Krieg gegen Terror nicht mit Bomben allein
Wolfensohn: "Wir werden keine bessere und sicherere Welt allein mit Bomben und Brigaden schaffen"
Redaktion
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Washington - Mit einem leidenschaftlichen Appell hat
Weltbankpräsident James Wolfensohn die reichen Länder am Mittwoch
aufgefordert, mit dem Krieg gegen den Terrorismus gleichzeitig den
Kampf gegen die Armut aufzunehmen. Knapp zwei Wochen vor der
UNO-Konferenz über die Finanzierung von Entwicklung in Monterrey
(Mexiko) rief Wolfensohn dazu auf, Märkte zu öffnen, Subventionen
abzubauen und die Entwicklungshilfe massiv zu erhöhen.
"Wir werden keine bessere und sicherere Welt allein mit Bomben und
Brigaden schaffen", sagte Wolfensohn im Woodrow Wilson International
Center in Washington. "Solange der Zusammenhang zwischen Entwicklung
und Friedensschaffung nicht erkannt wird, gewinnen wir vielleicht die
Schlacht gegen den Terror, aber wir beenden keinen Krieg, der
anhaltenden Frieden bringt." Die Terroranschläge vom 11. September
hätten viele zum Nachdenken gebracht. "Wir müssen gegen die Armut in
den Krieg ziehen. Ich glaube, wir haben heute eine größere Chance als
vielleicht je zuvor in den vergangenen 50 Jahren, um diesen Krieg zu
gewinnen und neue Partnerschaften für den Frieden zu schmieden."
Halbierung der Armut
Um das UN-Ziel einer Halbierung der Armut bis 2015 zu erreichen,
seien 40 bis 60 Milliarden Dollar (46,1 Mrd. bis 69,1 Mrd. Euro) im
Jahr nötig, etwa eine Verdoppelung der derzeitigen Entwicklungshilfe.
Die durch Haushaltszwänge behinderten reichen Länder sollten
wenigstens jedes Jahr 10 Milliarden Dollar mehr aufbringen, um das
Niveau in fünf Jahren auf 50 Milliarden Dollar im Jahr zu bringen.
US-Finanzminister Paul O'Neill hat höhere Entwicklungshilfe mehrfach
als wirkungslos zurückgewiesen. Wolfensohn widersprach. Heute lebten
20 Millionen weniger Menschen in Armut als vor gut 20 Jahren. Die
Lebenserwartung sei erheblich gestiegen und die Analphabetenrate
zurück gegangen.
Märkte müssten für Produkte aus den armen Ländern geöffnet werden,
sagte Wolfensohn, und lobte EU-Initiativen in dieser Richtung. Aber
auch die Subventionen müssten abgebaut werden, etwa im Agrarsektor.
"Die Subventionen gehen überwiegend an große Agrarbetriebe, und ihr
Umfang ist sechs Mal so groß wie die Entwicklungshilfe, die reiche
Länder für fünf Milliarden Menschen in den armen Ländern bereit
stellen", sagte Wolfensohn.
Am 11. September sei die imaginäre Wand zwischen Reich und Arm
eingestürzt. "Es gibt keine Wand. Wir sind verbunden durch Handel,
Investitionen, Finanzen, Reisen, Kommunikation, Krankheiten,
Kriminalität, Migration, Umweltzerstörung, Drogen, Finanzkrisen und
Terror", sagte Wolfensohn. "Es ist Zeit, die Wand einzureißen...
auch, weil es im eigenen Interesse der reichen Länder ist. Wir müssen
die Armut bekämpfen, weil sie wie ein Krebs ist, der den ganzen
Körper schwächt, und nicht nur den Teil, der direkt betroffen ist." (APA/dpa)
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