Wien - Im Grunde genommen war sie nur Tarnung - die Menagerie, die Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen im Schlosspark von Schönbrunn errichten ließ. Dieser älteste erhaltene Tiergarten der Welt, der heuer seinen 250. Geburtstag feiert, war ursprünglich jener Ort, wo der Gatte Maria Theresias im Geheimen sei nem alchemistischen Forscherdrang nachging.Zwölf "Logen" für Tiere So ließ der Freimaurer Franz Stephan nach den Plänen von Nicolas Jadot de Vill-Issey zwölf "Logen" für Tiere errichten, die um den Pavillon im Zentrum gruppiert wur den. Das dreizehnte "Logengebäude" war für den Menschen bestimmt. Beim Bau kamen auch die kaballistische Zahlenmystik und die chinesische Geomantie (Feng Shui) zur Anwendung. Im Pavillon, der als magisches Kraftzentrum der Monarchie konzipiert war, finden sich nicht nur Ignaz Mildorfers Gemälde von Ovids Metamorphosen samt alchemistischer Symbolik - im Untergeschoß ließ sich Franz Stephan ein Laboratorium ein richten, um dort nach dem Stein der Weisen zu suchen. Nach der ersten BesucherInnen-Führung im Juni 1752 blieben nach Außen hin die dort präsentierten Tiere, die von verschiedenen Expeditionen mitgebracht wurden, im Mittelpunkt des Interesses. Im Jahr 1779 wurde die Menagerie für die Bevölkerung geöffnet, 1828 wurde die erste Giraffe nach Wien gebracht. Im 19. unbd 20. Jahrhundert: 1889 ließ der damalige Menagerieinspektor Alois Kraus den magischen Ring um die Anlage durchbrechen, um diese zu erweitern - das gleiche Jahr in dem Kronprinz Rudolf im Mayerling starb. 1906 wurde erstmals ein Elefant in einem Zoo geboren - in Schönbrunn. Nach dem Ersten Weltkrieg war der Tiergarten 1921 erstmals von der Schließung bedroht - eine Sammelaktion der Bürger brachte das nötige Geld für dessen Rettung. 1945 wurden fast alle Tierhäuser von Fliegerbomben zerstört, nur der Pavillon blieb unversehrt. Ab 1982 wurde der Zoo vermehrt wegen seiner unzeitgemäßen Tierhaltung kritisiert. Neuerlich drohte die Sperre der Anlage. Bis schließlich der Tiergarten 1991 vom Bund ausgelagert wurde und Helmut Pechlaner seine Leitung übernahm. Seit 1994 wurde jährlich ein neues, modernes Gehege eröffnet - von der Großkatzenanlage bis hin zum Aquarien- und Terrarienhaus (2000) und dem neuen Flusspferdhaus (2001). Heuer soll das neue Regenwaldhaus eröffnet werden. Gleichzeitig wurde vom Tiergarten Schönbrunn die Forschungsarbeit intensiviert, verstärkt mit Artenschutzprogrammen kooperiert und Naturschutzprojekte unterstützt. (DER STANDARD, Printausgabe 07.03.2002)