Pristina/Wien - Ein unter Foltervorwurf stehendes österreichisches Mitglied der UNO-Polizeitruppe im Kosovo soll laut Washington Post unter Mithilfe österreichischer Behörden ausgeflogen worden und damit einer UN-internen Untersuchung entzogen worden sein. Die österreichischen Behörden dementierten den Bericht am Mittwoch. Die Vorwürfe, so Gerald Hesztera vom Innenministerium, seien bekannt, der verdächtige Polizist sei den UNO-Behörden aber nicht entzogen worden.

"Wir haben Anfang vergangener Woche von den Anschuldigungen erfahren und die UNO gebeten Untersuchungen aufzunehmen", so Hesztera zum STANDARD. Während dieser Ermittlungen habe ein deutscher Polizist der UNO-Verwaltung für den Kosovo (Unmik) bei dem Wiener Beamten "medizinische Probleme" festgestellt. "Ein Kfor-Arzt bestätigte diesen Befund. Daraufhin haben wir uns entschlossen, den Polizisten zu repatriieren", erklärte Hesztera. Gleichzeitig sei man aber mit der UN-Behörden übereingekommen, die Ermittlungen zu unterstützen und in Österreich fortzuführen. "Es ist in Wien bereits ein Strafverfahren anhängig. Wir warten jetzt, bis uns die UNO ihre Ermittlungsergebnisse zur Verfügung stellt." Zur Art der medizinischen Probleme wollte Hesztera nichts sagen.

Schläge in den Bauch

Nach Angaben der Washington Post soll der Mann gemeinsam mit zwei Kosovo-albanischen Polizisten einen verdächtigen Kosovo-Albaner gefoltert haben. Das Opfer habe unter anderem Schläge in den Bauch bekommen, heißt es. Der Polizist wurde auf Anordnung des Innenministeriums nach Österreich gebracht, angeblich wegen akuter Selbstmordgefährdung. In dem Bericht heißt es auch, Wien habe Druck ausgeübt: Österreichs UNO-Botschafter Gerhard Pfanzelter habe mit dem "Aus" aller österreichischen UN-Missionen gedroht.

Dies treffe nicht zu, sagte Johannes Peterlik, Pressesprecher von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, zum STANDARD. Pfanzelter habe lediglich auf die Bedeutung hingewiesen, "die dieser Fall für laufende und künftige Missionen haben könnte". Es gehe vor allem um Fragen des Rechtsschutzes für Angehörige der UN-Einheiten. Wien habe die Einsetzung einer Untersuchungskommission unter Beteiligung Österreichs beantragt.

Die Washington Post bezog sich auf eine vertrauliche Mitteilung des neuen Kosovo-Verwalters Michael Steiner an die New Yorker UN-Zentrale. Darin habe Steiner geschrieben, es bestehe "wenig Zweifel an einer aktiven Mitwirkung der österreichischen Behörden" am Ausfliegen des Beamten. Der verdächtige Wiener Polizist habe gemeinsam mit zwei albanischen Polizisten den beschuldigten Albaner auch "sein eigenes Grab" ausheben lassen. UNO: Österreichischer Polizist verließ Kosovo ohne Erlaubnis Die UNO hat am Mittwoch ihre Besorgnis über den Fall des österreichischen UNO-Polizisten ausgedrückt, dem laut einem Bericht der "Washington Post" das Foltern eines Kosovo-Albaners vorgeworfen wird. "Die Vereinten Nationen sind sehr besorgt, dass jemand, der von den Justizbehörden des Kosovo befragt werden sollte, das Gebiet verlassen hat, ohne dass die UNO-Mission etwas davon gewusst oder dies erlaubt hat". Dies erklärte UNO-Sprecher Fred Eckhard am Mittwoch vor Journalisten in New York. Der Untersuchungsrichter und die Staatsanwaltschaft im Kosovo hätten heute Zeugen des Vorfalls im Kosovo befragt. Bisher sei keine Anklage erhoben worden. Nun liege der Fall bei Gericht. Das Gesetz müsse befolgt werden, sagte Eckhard. Die Vereinten Nationen hätten ein unabhängiges Justizsystem im Kosovo errichtet. Weitere Erklärungen wolle er angesichts der fortgesetzten Untersuchungen nicht geben.

Hauptmann Gerald Hesztera vom Gendarmeriezentralkommando des Innenministeriums hatte zuvor erklärt, die Vereinten Nationen seien über die Repatriierung des Polizisten informiert gewesen.

(DER STANDARD, Printausgabe, 7.3.2002 /APA)