Wirtschaft
Brief an den Präsidenten
Schröder an Bush - US-Entscheidung trifft deutsche Stahlbranche hart
Berlin - Die US-Entscheidung zur Verhängung von
Stahlimportzöllen dürfte nach Darstellung des deutschen
Wirtschaftsministers Werner Müller (parteilos) insbesondere die
deutschen Stahlexporte hart treffen. "Die Bundesregierung wird sich
in der EU für eine Überprüfung der Maßnahmen in der WTO
(Welthandelsorganisation) mit allen sich daraus ergebenden
Konsequenzen einsetzen", kündigte Müller am Mittwoch an. Die Entscheidung von US-Präsident George Bush stellt nach Müllers
Worten nicht nur "eine erhebliche Belastung für die
Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA dar, sondern auch ein
negatives Signal für die vor kurzem in Doha eröffnete neue
Welthandelsrunde". Er betrachte die Entscheidung Bushs als "nicht
gerechtfertigt", sagte Müller. Für die Probleme der US-Stahlbranche
seien nicht die Importe ursächlich, sondern über Jahrzehnte versäumte
Strukturanpassungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der
US-Stahlkonzerne beeinträchtigt hätten.
Bereits schmerzhafter Strukturwandel
Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums wird die deutsche
Stahlindustrie von den US-Importzöllen besonders getroffen. Das gelte
insbesondere, weil die USA Importzölle für den wichtigen Bereich
Bleche von 30 Prozent angekündigt hätten. Müller sagte weiter: "Die
deutsche Stahlindustrie hat vor einigen Jahren den notwendigen
Strukturwandel mit schmerzhaftem Abbau von Arbeitsplätzen ohne
außenwirtschaftliche Schutzmaßnahmen vollzogen". Daher habe die
Regierung wenig Verständnis für die US-Entscheidung, die zu Lasten
der deutschen Industrie gehe.
Brief an Bush
Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) hat offenbar noch in letzter Minute erfolglos versucht,
US-Präsident George W. Bush von der Verhängung von Importzöllen beim
Stahl abzubringen. Aus Regierungskreisen hieß es am Mittwoch,
Schröder habe "im März" an Bush geschrieben und in dem Brief die hohe
Verantwortung unterstrichen, die gerade die großen Handelsnationen
Deutschland und USA für die Sicherung des freien Welthandels trügen.
In dem Brief habe der Kanzler die Hoffnung geäußert, Bush werde
die Argumente, die gegen Importzölle sprächen, mit berücksichtigen
und letztlich eine international verantwortbare Entscheidung treffen.
US-Importzölle wären angesichts der jüngst eingeläuteten
Welthandelsrunde, deren Ziel ein Abbau von Handelshemmnissen ist, das
falsche Signal, schrieb der Kanzler den Kreisen zufolge. Zugleich
habe Schröder darauf hingewiesen, dass die deutsche Stahlindustrie
der US-Entscheidung mit Sorge entgegensehe. (APA/Reuters)