Mensch
Durchtrennter Sehnerv im Tierversuch zusammengewachsen
Tiere konnten Helligkeit und Muster wahrnehmen
Düsseldorf/Münster - Ein Forscherteam aus Münster hat
durchtrennte Sehnerven im Tierversuch so weit wieder herstellen
können, dass die Labortiere Helligkeit und einfache Muster erkennen
konnten. Bisher sei aber noch nicht absehbar, wie sich dieses
Forschungsergebnis für die Therapie von Menschen nutzen lasse, sagte
der Leiter des Wissenschafterteams, Prof. Solon Thanos, am Dienstag
in Düsseldorf. Die Münsteraner Forscher hatten früher bereits
durchtrennte Sehnerven bei Ratten bis zu 14 Millimeter nachwachsen
lassen. Der Beweis, dass ein ehemals durchtrennter Sehnerv wieder Impulse
ans Gehirn sende, sei "ein großer Fortschritt in der Augenheilkunde",
berichtete Thanos bei der Augenärztlichen Akademie Deutschland (AAD).
Zerstörte Sehnerven gelten derzeit als unheilbar.
Ein Stück peripherer Nerv
Die Wissenschafter nähten an der durchtrennten Stelle des Sehnervs
ein Stück eines so genannten peripheren Nervs an, etwa aus dem Bein.
Dadurch träfen die Stümpfe der Sehnervenfasern auf ein Gewebe, das
die Regeneration fördere und daher in das Transplantat hineinwachsen
könne, beschrieb Thanos. Allerdings entstanden bisher nur rund ein
Fünftel der durchtrennten Fasern neu - "zu wenige, um wieder sehen zu
können". Aber zumindest einen Hell-Dunkel-Kontrast sowie einfache
Strukturen hätten die Versuchstiere wahrnehmen können, sagte der
Forscher.
Die Wissenschafter setzten darauf, gentechnische Verfahren zu
entwickeln, mit denen sie für die Regeneration förderliche Stoffe in
die verletzten Zellen einschleusen können. Experimentiert wird von
mehreren Wissenschafterteams ebenfalls mit einem Netzhaut-Mikrochip,
der künftig einmal zumindest schemenhaftes Sehen ermöglichen könnte.
Er sei aber nur für Menschen geeignet, die durch Netzhauterkrankung
oder durch Alter erblindet seien.
Im Dezember hatte das britische Wissenschaftsmagazin "New
Scientist" berichtet, das Team um Thanos habe bei Ratten begrenzt
funktionsfähige Sehnerven erfolgreich nachwachsen lassen. Die Nerven
hätten wieder normale elektrische Signale übertragen. Unter anderem
dank des Proteins Kristallin seien die Nerven mindestens drei Mal so
lang geworden wie bei Versuchen anderer Forscher, schrieb das
Magazin. Eine Variante dieser Technik könnte möglicherweise einmal
bei Rückenmarkverletzungen eingesetzt werden. (APA/dpa)