Wien - Enttäuscht zeigten sich Caritas und Diakonie
Österreich von dem am Montag vorgestellten Integrationspaket. Der
Wiener Caritas-Direktor Michael Landau sieht darin "in Wirklichkeit
ein Diktat, pädagogischen Unfug und eine Rückkehr zum alten
Gastarbeitermodell". Von dem als Vorbild bezeichneten
niederländischen Integrationsmodell sei "nichts außer den Sanktionen
übrig geblieben", bedauerte Diakonie-Direktor Michael Chalupka. Der
Entwurf sei vom Verdacht geprägt, dass Zuwanderer integrations- und
lernunwillig seien und deshalb zum Spracherwerb gezwungen werden
müssten.
"Warum ein schlechtes Modell wählen, wenn es bessere gibt?",
fragte Chalupka die Regierungsverantwortlichen. Österreich sollte
sich an europäischen "best practice"-Modellen orientieren, nicht an
"bad practice". Chalupka kritisierte, dass zur Erstellung des
Entwurfs die NGOs und die MigrantInnenorganisationen - also die, die
"täglich die eigentliche Integrationsarbeit vorleben", nicht gehört
worden seien. Er forderte, den Entwurf noch einige Monate
zurückzustellen und eine Zuwanderungskommission - wie in Deutschland
oder Holland - einzusetzen. "Es braucht für einen
Integrationsvertrag, der diesen Namen verdient, eine breite
gesellschaftliche Basis."
"Enttäuschend" war die Reaktion von Landau. Mit der Sanktion
Ausweisung nach vier Jahren, wenn bis dahin ein Deutschkurs nicht
erfolgreich absolviert wurde, verlasse der Entwurf vollends den
Anspruch, etwas zur Integration beizutragen. "Menschen durch eine
existenzbedrohende Sanktion zum Sprache lernen anzuhalten, ist
pädagogischer Unfug." Landau hat den Eindruck, "dass es ohne
Rücksicht auf tatsächliche Auswirkungen der Regelung um ein
politisches Signal geht" - und zwar um ein "gefährliches" Signal.
"Solche Leuchtraketen können in der sensiblen Integrationspolitik
empfindliche Schäden anrichten", fürchtete Landau "Schwelbrände über
die Stammtische hinaus".
Der Wiener Caritas-Direktor kritisierte auch, dass es keine
Verbesserungen beim Familiennachzug gebe. Die "Familienpartei ÖVP"
setze sich in dieser Regierung offenbar nicht dafür ein.
Familienfreundlichkeit gelte offensichtlich nur für Inländer.
Österreich sei immer noch das einzige EU-Land mit
Familiennachzugsquote. Das geplante Gesundheitszeugnis als weitere
Voraussetzungen für eine Niederlassungsbewilligung könnte eine
weitere Hürde für den Familiennachzug sein. Außerdem kritisierte
Landau die geplante Ausdehung des Saisonnier- und Erntehelferstatus.
Hier würden billige Arbeitskräfte zweiter Klasse geschaffen, was den
Druck auf den Arbeitsmarkt erhöhe. (APA)