Ahmadabad - Die schweren Unruhen zwischen Hindus und Muslimen im Westen Indiens haben bis zum Sonntag Polizeiangaben zufolge an die 500 Tote gefordert. An zahlreichen Orten kam es zu Plünderungen und Massakern. Hindus schlossen Muslime in deren Häusern ein und verbrannten sie bei lebendigem Leib. Die Polizei erschoss 72 Unruhestifter. Im Krisengebiet des Unionsstaates Gujarat beruhigte sich die Lage am Sonntag wieder weitgehend. In der Provinzhauptstadt Ahmedabad herrschte nach dem Einmarsch der Armee gespannte Ruhe. Neue Zusammenstöße wurden aus der Stadt Surat gemeldet.

Vertreter des Dachverbands der indischen Muslime trafen unterdessen in Neu-Delhi mit Premier Atal Behari Vajpayee zusammen. Verbandspräsident Asad Madhani sagte: "Wir haben den Ministerpräsidenten gebeten, Gruppen zu verbieten, die Hass verbreiten und töten." Vajpayee nannte die Unruhen eine "nationale Schande".

Der Präsident des islamischen Nachbarlandes Pakistan, Pervez Musharraf, appellierte an Indien, die Muslime besser zu schützen. Beide Länder liegen im Streit um das zwischen ihnen geteilte Kaschmir, in dem überwiegend Muslime leben. Rund 80 Prozent der mehr als eine Milliarde Inder sind Hindus. Die Muslime bilden mit zwölf Prozent die stärkste religiöse Minderheit.

Der Präsident des indischen Unterhauses, G.M.C. Balayogi, ist am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz im südlichen Unionsstaat Andhra Pradesh ums Leben gekommen. Ein Zusammenhang mit den Unruhen wird ausgeschlossen.

(AP, Reuters - DER STANDARD, Print, 04.03.2002)