Die Pariser Friedensmacher teilten zwar das im Westen um einen breiten Grenzstreifen zwischen Idria und Adelsberg/Postojna beschnittene Krain sowie die Untersteiermark dem neuen südslawischen Staat (SHS) zu, hingegen blieb den Slowenen die Selbstbestimmung im bis dahin habsburgischen Küstenland versagt. Dieses hatte aus den Regionen Görz und Gradisca, Triest und Istrien bestanden. Görz war mit 62 Prozent (1910) überwiegend von Slowenen besiedelt. Von der Triestiner Bevölkerung waren 30 Prozent Slowenen. Istrien war nur im Nordwesten, um Capo d'Istria/ Koper, slowenisch (14 Prozent), sonst zu 43 Prozent kroatisch.Schon in den letzten Jahrzehnten Österreich-Ungarns hatten die italienischen Nationalisten eine "slawische Gefahr" an die Wand gemalt und der habsburgischen Verwaltung vorgeworfen, die Slowenen im Küstenland zu bevorzugen. Der sich bis zur Hysterie steigernde Slawenhass war im Grund ein Klassenhass: Der durch Jahrhunderte als "bifoco", als ungebildeter Tölpel verachtete slowenische Bauer, Landarbeiter und Hirte hatte durch die mit dem nationalen Erwachen eingetretene, von Kirche und Staat geförderte Bildungsexplosion seit Mitte des 19. Jahrhunderts den sozialen Aufstieg begonnen, in den Städten war eine slowenische kleinbürgerliche und intellektuelle Schicht entstanden, aber auch die durch Zuwanderung aus dem Umland nach Triest geholten Bauernsöhne erweckten nun als Proletarier im traditionellen italienischen Bürgertum Ängste. Dass die jungen Slowenen eifrig Deutsch und Italienisch lernten, ermöglichte ihnen den Eintritt vor allem in die unteren Schichten des österreichischen Beamtenstaates, was wieder von den Italienern als habsburgische Bevorzugung der Slawen verteufelt wurde. Übrigens hatte Italien 1866 mit der Angliederung des habsburgischen Venetien bereits ein Stück slowenischen Volksbodens gewonnen: die "Slavia Veneta", das Resiatal im nordöstlichen Friaul. Trotz der Bemühungen schon der damaligen italienischen Regierung, sie zu assimilieren - Literatur aus der k.u.k. Monarchie zu beziehen galt als subversiv -, hat ihre Sprache dank der Kirche und der Abgeschiedenheit ihrer Heimat überlebt. (Allerdings genießen sie, rund 40.000 an der Zahl, in Italien bis heute zum Unterschied von der slowenischen Volksgruppe im Raum Triest keinerlei Minderheitenschutz). Bereits unmittelbar nach der Annexion von Triest, Görz, West-Krain und Istrien (1919) begannen antislawische Maßnahmen. Jene Slowenen und Kroaten, die als Beamte oder Eisenbahner aus den nun Jugoslawien zugeschlagenen Gebieten stammten, wurden ausgewiesen. Die Zuwanderung von Süditalienern wurde gefördert. Was mit schikanösen Anordnungen der Provinzpräfekten begann, fand in einer rigorosen Schulpolitik - unter österreichischer Herrschaft war der Unterricht muttersprachlich ausgerichtet - ihre Fortsetzung. Die Kinder sollten von Anfang an italianisiert werden. Die Stadt Triest wurde zum Schauplatz der ersten nationalistischen Terrorwelle; da die slowenischen Arbeiter in der in nationalen Fragen toleranten Sozialistischen Partei (PSI), später auch in der KP, ihre Vertretung sahen, wurde - mit Unterstützung großer Firmen und aus Militärkreisen - den "Jugobolschewisten" der Kampf angesagt. Die rechtsradikalen "Arditi", Vorläufer der Faschisten, verwüsteten sozialistische Parteilokale, Bibliotheken und Redaktionen slowenischer Zeitungen. Schon 1920 wurde Julisch-Venetien zum Experimentierfeld der von Mussolini gegründeten "Fasci" . Sie übernahmen eine quasi offizielle Funktion: Sie repräsentierten die Italianität, die der Region aufgezwungen werden sollte. Die erste Heldentat der Faschisten war die Ausräucherung des "Narodni dom", des slowenischen Kulturhauses mit seinem Theater. Die Bischöfe, obwohl die slowenischen von Triest und Capo d'Istria vom Vatikan bereits durch Italiener ersetzt worden waren, protestierten bei der Regierung dagegen, dass die Faschisten die Pfarrer mit Drohungen zwangen, nicht mehr slowenisch zu predigen und keine slawischen Kirchenlieder zu dulden. Aber die liberalen und christlichen Politiker waren hilflos. Italien hatte es als eine der alliierten Hauptmächte verstanden, sich aus der Minderheitenschutzgesetzgebung, die den Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns auferlegt wurde, herauszuhalten. Nach der Machtübernahme Mussolinis am 31. Oktober 1922 brach eine Lawine von Sondergesetzen über Italien herein. Was vom slowenischsprachigen Schulsystem noch übrig war - zumeist durfte nur noch der Religionsunterricht in der Muttersprache erteilt werden -, wurde nun völlig ausgeschaltet. Slowenische Bücher wurden in einer Großaktion in Triest beschlagnahmt und öffentlich verbrannt. Die slawische Presse wurde zunächst durch Verwüstungen der Redaktionen und Druckereien schikaniert, dann überhaupt verboten. Den Pfarreien wurden die Standesregister weggenommen, um die slawischen Taufnamen auszurotten; selbst Grabsteine blieben nicht verschont. Ebenso wurden die Ortsnamen italianisiert: Nichts sollte mehr die Anwesenheit einer nicht italienischen Nationalität bezeugen. Die in Österreich so ausgeprägte Gemeindeautonomie wurde zerstört. Orte mit mehr als 5000 Einwohnern bekamen einen Amtsbürgermeister (Podestà), zumeist einen Süditaliener, der kein Wort Slowenisch verstand. Zum Unterschied von Südtirol setzten die Slawen der Venezia Giulia dem faschistischen Terror aktiven, gewaltsamen Widerstand entgegen. Die erste Widerstandsbewegung "Orjuna" wurde dabei von Belgrad unterstützt. Ihr folgten Aktionen junger nationalistischer Irredentisten in der TIGR, die Postämter überfielen, Schulen in Brand steckten und der faschistischen Miliz Feuergefechte lieferten. Die jugoslawische KP gründete in den annektierten Gebieten das MNRSC (Revolutionäre Nationalbewegung der Slowenen und Kroaten), das sich statt der Hilfe von außen auf ländliche lokale Kräfte stützte und einen Pakt mit der KPI schloss. Es gab zahlreiche Verhaftungen von "Banditen" und Monsterprozesse, in denen etliche Angeklagte zum Tode, die meisten zu langjähriger Haft verurteilt wurden. Mit dem Krieg gegen Jugoslawien 1941 und der Aufteilung Sloweniens zwischen Deutschland, Italien und Ungarn begann eine neue Phase des nun gesamtnationalen slowenischen Widerstandes. Literatur: Claus Gatterer, "Im Kampf gegen Rom", Wien 1968 (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2./3. 3. 2002)