Inland
Kurt Boschofsky - Der Mann mit der Ladendiebstahls- Mission attackierte per Aussendungswelle Politiker
"Die Woche der Aussendung"
Wien - Peter Westenthaler blieb diese Woche
nur Platz zwei. Hat es doch ein Mann geschafft, mehr OTS-Aussendungen übers Netz
zu jagen: Kurt Boschofsky. Beispiel Donnerstag. 10.53 Uhr: "Herr Innenminister, in
Deutschland gehen die Uhren anders." 11.30
Uhr: "Die kleinen Beamten würden gern mit
mir zusammenarbeiten." 12.51 Uhr: "In Österreich sind meine Ideen geächtet." 13.50 Uhr:
"Herr Kanzler, Sie können das nicht unter den
Teppich kehren." Die Tage davor das gleiche
Bild: Aussendungen im Stundentakt.Sonst nutzen Politiker das OTS-Netz, um zu
kritisieren, Kritik zurückzuweisen, etwas zu
betonen, anderes auszuschließen, kurz: politischen Alltagskram zu erledigen. Boschofsky
hat die Routine gestört, als Privatmann eine
Woche Kanzler und Minister attackiert. Die
Antwort auf das Warum ist für ihn einerseits
leicht: "Das war die Woche der Aussendung."
Andererseits schwer: "Eine lange Geschichte."
Der Mann hat eine Mission
Der Mann hat eine Mission. Und als 71-Jähriger auch Zeit, sie auszuleben. Bloß: Innenminister und Polizei lassen ihn nicht. Dabei
würde Boschofsky so gerne an Schulen über
Gefahren des Ladendiebstahls aufklären, seine Broschüre verteilen. Nicht dass er das nicht
ohne Ministerium machen würde, er tingelt
auch so durch Oberösterreich - nur: "Einzelne
Händler unterstützen mich. Ein paar Euro
dort, ein paar Euro da." Würde das Innenministerium mit ihm kooperieren, hätte er es leicher, Sponsoren für seine Vorträge zu finden.
Ich komme wieder
Und geeignet ist er wie selten jemand, findet
Boschofsky: Erstens hat er aufgrund biografischer Lücken Engagement in der Verbrechensprävention. Zweitens ist seine Korkuhrenfirma sowieso pleite. Drittens sollen die im
Ministerium über Privatinitiative froh sein.
Prinzipiell ist das der polizeiliche Beratungsdienst auch, nur mit Boschofsky wurde man
nicht einig: "Seine Broschüre war nicht gerade
imagefördernd für die Polizei." Das sieht
Boschofsky anders, prozessiert, legte eine
Aussendungswelle nach. "Anzeigenwerbung
der anderen Art", seufzt man im Ministerium.
Vorerst kann man aufatmen, das OTS-Netz
gehört wieder Politikern. Hat sich doch Bo-
schofsky via Aussendung verabschiedet: "Ich
komme wieder, wenn ich alles verarbeitet habe." Und wieder Geld für Aussendungen hat. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 2./3.3.2002)