Parlament
FPÖ: Karl Schweitzer sieht ein Europa der Eliten
Grüne werfen Nationalisierung in EU- Diskussionen vor
Wien - Kritische Töne zum aktuellen Status der EU kamen am
Donnerstag von FP-Generalsekretär Karl Schweitzer. Im Rahmen der
dringlichen Anfrage an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) zur
EU-Reform meinte er, viele Bürger hätten von der gegenwärtigen EU den
Eindruck, dass es sich um ein "Europa der Eliten, der Lobbyisten und
der Großen" handle. Schüssel für Überführung des Euratom-Vertrages in den EG-Vertrag
Kritisches kam auch noch von Schüssel, der den
Euratom-Vertrag als "anachronistisch" bezeichnete. Die Opposition
übte Kritik an der Themenwahl bei der Dringlichen durch die ÖVP.
Schüssel sprach sich für die Überführung des Euratom-Vertrages in
den EG-Vertrag aus. Damit könnten auch inhaltliche Defizite beseitigt
werden, meinte der Kanzler bei der nachträglichen Beantwortung einer
Frage der Dringlichen. Derzeit gebe es wettbewerbsrechtlich eine
einseitige Förderung der Atomindustrie. Das europäische Parlament sei
nicht eingebunden, was zu einem Demokratiedefizit in diesem Bereich
führe. Zuvor hatte sich Schüssel für gemeinsame Ausschusssitzungen
des EU-Parlaments mit den nationalen Parlamenten ausgesprochen.
"Blauer Brief"
Kritisch äußerte sich Schweitzer. Wenn Schüssel vor einem Europa
der Eliten warne, müsse er ihm sagen, dass sich dieser Eindruck bei
der Bevölkerung längst eingestellt hätte. Es entstünde auch immer
wieder der Eindruck eines Europas der Großen und nicht eines Europas
des Rechts. Wenn "die Großen" etwas durchsetzen wollten, dann könnten
sie sich auch über das Recht hinwegsetzen. Er verwies auf die
Weigerung des EU-Rates der Finanzminister, der rot-grünen Regierung
in Deutschland einen "blauen Brief" für ihre Finanzpolitik
auszustellen.
EU-Konvent sei ein erster Schritt in die richtige Richtung
Der EU-Konvent sei aber ein erster Schritt in die richtige
Richtung, meinte Schweitzer. Für die Freiheitlichen gelte der
Grundsatz, dass man ein "Europa der Nationen und der Bürger" wolle
und keinen Einheits- oder Zentralstaat. Man dürfe sich auch nicht an
ein fixes Erweiterungsdatum klammern. Erst wenn die Beitrittswerber
den gemeinsamen Rechtsstand übernommen hätten, könnte es eine
Erweiterung geben.
Für Weiterentwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
Der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Peter Schieder, sprach sich
für eine "Weiterentwicklung der Kompetenzen der EU aus. Auch die
Frage der Grund- und Menschenrechte werde man sich stellen müssen. Am
besten wäre der Beitritt der EU zur Europäischen
Menschenrechtskonvention, so Schieder. Weiters plädierte er für einen
Ausbau des europäischen Parlaments und eine Weiterentwicklung der
gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie eine stärkere
Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres. Auch Volksabstimmungen
und Volksbegehren auf EU-Ebene seien vorstellbar.
Grüne: Luneck wirft Nationalisierung der Diskussion vor
Ulrike Lunacek, außenpolitische Sprecherin der Grünen, warf
Schweitzer vor, den Gedanken der Demokratisierung der EU nicht
verstanden zu haben. Der FPÖ gehe es nur um eine Demokratisierung im
nationalistischen Sinne. Auch sie sprach sich für eine Aufwertung des
EU-Parlaments und eine Reform des Rates aus. Dieser könnte in eine
zweite Kammer umgewandelt werden, schlug Lunacek vor.