Wirtschaft
Basel II erfordert neue Bilanzpolitik für KMUs
"Finance Trainer"-Experte: An Kreditvergabe wird sich nichts ändern
Wien - Die neuen Eigenkapitalregeln für Banken ("Basel II")
werden dazu führen, dass Unternehmen ihre Bilanzpolitik ändern werden
müssen und sich nicht, wie in der Vergangenheit, an der
Steueroptimierung orientieren, sondern nach der Solidität der
Bilanzstrukturen. Dann könnte es notwendig werden, dass auch stille
Reserven zur Stärkung des Eigenkapitals offen gelegt werden müssen,
sagte der Vorstandsvorsitzende der Investkredit Bank AG, Wilfried
Stadler, am Donnerstag bei einem Pressegespräch zum Thema, wie Firmen
mit den neuen Finanzierungsspielregeln umgehen sollten.Stadler: Orientierung an Kunden-Bonitätseinstufungen
Selbst wenn jede Änderung der bestehenden Basel-Spielregeln
unterbliebe, müssten sich alle Banken unter den Bedingungen des
Euro-Kapitalmarktes wesentlich mehr als früher an der
Bonitätseinstufung ihrer Kunden orientieren, wenn es um die
Festsetzung der Kreditkosten geht. Im Euro-Kapitalmarkt gebe es
nämlich deutlich erweiterte, von Währungsrisiken freie
Veranlagungsmöglichkeiten, die zu einem veränderten Anlegerverhalten
auch jener Investoren führen, von denen sich die Banken selbst auf
den Kapitalmärkten Geld leihen, begründet Stadler seine These.
Peter Pichler, Finanzvorstand der Berndorf AG, beurteilt Basel II
aus der Sicht der Unternehmen - nach einem anfänglich zurückhaltenden
und eher ablehnenden Zugang - mittlerweile durchaus auch als Chance,
"fit for business" zu werden und dann ein gutes Rating zu bekommen.
"Dazu müssen aber auch die Rahmenbedingungen stimmen", betonte er und
forderte daher keine generelle Verteuerung der Kreditfinanzierung
durch Basel II. Zudem dürfe es zu keiner grundsätzlichen
Benachteiligung von KMU sowie keiner überproportionalen
Schlechterstellung von langfristigen Krediten kommen. Der Katalog für
Kreditsicherheiten müsse erweitert und Mittelstandsratings anerkannt
werden, formulierte Pichler Leitlinien, die in der
Industriellenvereinigung (IV) erarbeitet wurden. Die Verschiebung von
Basel II um ein Jahr sei für die Unternehmen positiv, weil sie
dadurch mehr Zeit hätten, sich vorzubereiten.
Die bisherigen Baseler Vereinbarungen ("Basel I") sehen vor, dass
jeder Unternehmenskredit einheitlich mit 8 Prozent Eigenmittel
unterlegt sein muss. Nach den künftigen Regeln von "Basel II" sollen
riskantere Kredite an Kunden schlechterer Bonität mit einem
wesentlich höheren Eigenmittelsockel abgesichert sein, während für
Kunden allererster Bonität die Hälfte der bisherigen
Eigenmittelvorsorge ausreichen soll. Derzeit liegt das zweite Konsultationspapier zu Basel II vor, das
insbesondere in Deutschland und Österreich heftig diskutiert wird.
Das dritte Konsultationspapier soll im Sommer präsentiert werden. (APA)
Neue Regeln für Banken: "Anlegerschutz"
Die neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken ("Basel II") waren
ursprünglich als Anlegerschutz gedacht, indem sie "sichere Banken"
schaffen wollten, die nicht Pleite gehen können, sagte Hannes
Enthofer von der Trainings- und Beratungsfirma Finance Trainer
International GmbH am Donnerstag bei einem Pressegespräch zum Thema,
wie Firmen mit den neuen Finanzierungsspielregeln umgehen sollten.
Die Banken verhalten sich auf Grund der betriebswirtschaftlichen
Gegebenheiten aber schon heute nach den Regeln von Basel II, behauptete
Enthofer. Mit den neuen Bestimmungen würde sich daher auch nichts an
der Kreditvergabe ändern; Unternehmen, die mit Basel II keinen Kredit
erhalten, bekommen bereits heute keinen Kredit, so eine seiner
Thesen. Daher sei es für Unternehmer notwendig, wie ein Investor auf
dem Kapitalmarkt denken zu lernen, zumal bankinterne Ratings in die
Kapitalmarkt-Ratings der Ratingagenturen übersetzt werden.
Gefordert seien aber auch der Finanzminister und die Banken. Um zu einem besseren Rating zu kommen, müsse vor allem die
Eigenmittelausstattung eines Unternehmens verbessert werden. Wenn die Eigenkapitalausstattung der österreichischen Unternehmen
auf Grund "ökonomisch nicht belegbarer", niedriger
Eigenkapitalvorschriften für den Mittelstand weiterhin
vergleichsweise schlecht bleibe, würde der internationale
Kapitalmarkt den Standort Österreich, die Banken im Land und auch
seine Unternehmen mit höheren Aufschlägen "strafen", so Enthofer. (APA)