Asien & Pazifik
Polizei in Gujarat: "Lage unter Kontrolle"
Über 70 "Unruhestifter" erschossen - Weiterhin vereinzelt Ausschreitungen in Westindien - Bisher starben 427 Menschen
Ahmedabad/Neu-Delhi - Nach den blutigsten religiösen
Unruhen seit zehn Jahren hat sich die Lage in weiten Teilen des
westindischen Unionsstaates Gujarat am Wochenende beruhigt. Die
Situation sei "unter Kontrolle", sagte Innenminister Lal Krishna
Advani am Sonntag in Ahmedabad. Aus der Stadt Surat wurden jedoch
neue Gewaltätigkeiten gemeldet. Bei den fünf Tage währenden
Gewalttätigkeiten zwischen der Minderheit der Moslems und Hindus
kamen nach Behördenangaben mindestens 427 Menschen ums Leben. Die
Polizei erschoss 73 Unruhestifter. In der Provinzhauptstadt Ahmedabad herrschte nach dem Einmarsch
der Armee gespannte Ruhe. Die Wirtschaftsmetropole war nach
dreitägigen Straßenschlachten noch von den blutigen Unruhen
gezeichnet. Ausgebrannte Autos und Busse sowie Steine, Eisenstangen
und andere Waffen säumten die Straßen. Am Samstag öffneten die ersten
Geschäftsleute wieder ihre Läden. Menschen wagten sich wieder auf die
Straßen. Die Lage normalisiere sich, sagte der Polizeichef der Stadt.
Mehr als 1000 Menschen seien festgenommen worden.
Minister: Polizei muss für Sicherheitsgefühl sorgen
Mit der Niederschlagung der Unruhen hätten die Behörden ihre
Pflicht noch nicht getan, sagte Innenminister Lal Krishna Advani in
Ahmedabad. "Dem Land und den Menschen muss das Gefühl von Sicherheit
wieder gegeben werden", forderte der Minister. "Wenn es eine
motivierte, besser ausgerüstete und trainierte Truppe gäbe, wäre die
Situation früher unter Kontrolle gewesen", gestand
Verteidigungsminister George Fernandes in der "Sunday Times" ein.
Kritiker sagten auch, die Ausgangssperren hätten dazu geführt, dass
die Opfer in ihren Häusern eingesperrt gewesen und die Straßen für
die Mörderbanden frei gemacht worden seien.
Weiterhin Straßenschlachten in Surat
In Surat südlich von Ahmedabad lieferten sich Polizei und ein
wütender Mob am Sonntag jedoch Straßenschlachten. Die Menge habe die
Ausgangssperre ignoriert und in Moslem-Vierteln Häuser in Brand
gesteckt, teilten die Behörden mit. In den vier am stärksten
betroffenen Städten von Gujarat seien mittlerweile 3.000 Soldaten
stationiert, sagte Verteidigungsminister Fernandes. Eine Brigade
solle die Unruhen in den Dörfern in der Umgebung niederschlagen. Bei
Übergriffen militanter Hindus in zwei Dörfern der Region wurden in
der Nacht zum Samstag nach Angaben der Behörden 46 Menschen getötet.
Großer wirtschaftlicher Schaden
Die Unruhen richteten nach Angaben von Experten auch große
wirtschaftliche Schäden in Gujarat an, das noch unter den Folgen des
folgenschwersten Erdbebens in der indischen Geschichte leidet. Dabei
waren vor einem Jahr 50.00 bis 100.00 Menschen getötet worden. Die
Zeitung "Economic Times" berichtete, die Unruhen würden Gujarat 15
Milliarden Rupien (375 Millionen Euro) kosten, weil zahlreiche
Industriebetriebe in Halol und Rajkot zerstört wurden.
Die Unruhen waren durch einen Anschlag auf einen Zug ausgelöst
worden. (APA/Reuters)