EU
Benes-Dekrete: Tschechische Botschaft ortet "Manipulation"
Wiener Vertretung verwehrt sich gegen Berichterstattung über Massaker von Lidice
Wien - Die tschechische Botschaft in Wien hat auf die
"Manipulation historischer Fakten in Teilen der österreichischen
Presse" aufmerksam gemacht, die mit der nazideutschen Okkupation
zusammenhängen. So habe die "Neue Kronen-Zeitung" in ihrer Ausgabe
vom 3. Februar die Auslöschung der tschechischen Gemeinde Lidice
im Juni 1942 "dreißig tschechischen Gendarmen der Prager
Ordnungspolizei" zugeschrieben. In den Reihen der für das
Massaker verantwortlichen deutschen Schutzpolizei und unter den
Gestapo-Angehörigen habe es keine Tschechen gegeben, stellte die
Botschaft am Montag in einer Presseaussendung fest. Schon nach
den NS-Vorschriften wäre dies unmöglich gewesen. Vielmehr seien Namen von Österreichern und Sudetendeutschen
archivarisch dokumentiert, die sich in deutschen Uniformen an diesem
weltbekannten Massaker beteiligten, erklärte die Botschaft. Zu den
Österreichern gehörten u.a. Heinrich Berger, der stellvertretende
Gestapo-Chef in Prag, oder die Gestapo-Mitglieder Franz Brüxel und
Hans Homolka. Was den Führungskader der "Schupo" betrifft, handelt
es sich um Karl Opolzer und Franz Reinthaler. Sudentendeutsche waren
u.a. die Gestapo-Männer Rudolf Aust, Willibald Bürger, Oskar Felkl,
Walter Forster und Guido Skalak.
Auch das Wochenblatt "Zur Zeit" vom 8. Februar sei der
Überzeugung, dass in den Jahren des deutschen "Protektorats"
Tschechen weder vertrieben, noch enteignet wurden. Auch wenn man
die Frage der Vertreibung von 193.270 Tschechen durch die deutschen
Nationalsozialisten in den okkupierten Gebieten nach dem 1. Oktober
1938 gänzlich verschweige, könne man wohl nicht die Tatsache leugnen,
dass allein zwischen März 1942 und April 1943 37.000 Personen aus
dem Raum westlich der Moldau und südlich der Sazava ausgesiedelt
wurden, um Truppenübungsplätze für Waffen-SS und Wehrmacht zu
schaffen. "Die letzte Aussiedlung im Sinne 'deutscher Kolonisten'
spielte sich im letzten Kriegsjahr nördlich von Prag ab", heißt es
in der Botschaftsmitteilung.(APA)