Kunst
Mit dem Auge stets hinter dem Sucher
Harry Weber erhielt den Fotografie-Staatspreis und Professorentitel - Morak bezeichnete ihn als "besonders sensiblen Jäger" mit der Kamera
Wien - "Wenn, dann gleich anständig" - unter dieses Motto
stellte Kunststaatssekretär Franz Morak (V) heute, Montag, Mittag im
Kongreßsaal des Bundeskanzleramtes die Ehrung für den Fotografen
Harry Weber. Und überreichte dem gerührten 80-Jährigen nicht nur den
mit 22.000 Euro (302.727 S) dotierten Großen Österreichische
Staatspreis für Künstlerische Fotografie, sondern auch die Urkunde
über die Verleihung des Berufstitels Professor. Ihr früherer Kontakt,
so der einstige Schauspieler Morak über den leidenschaftlichen
Theaterfotografen Weber, wäre der zwischen Jäger und Opfer gewesen:
"Ich war ein besonders williges Opfer - und er war ein besonders
sensibler Jäger.""Dreieinhalb Minuten bis zum Kaffee trinken
Morak würdigte den Staatspreisträger als "einen der Großen der
österreichischen, ja der Welt-Fotografie", er sei ein Verfolgter, ein
Zeitzeuge, ein Zeitkritiker, aber auch ein Erzähler mit der Kamera,
ein "Metaphoriker des Augenblicks". Die Laudatio hielt Webers Kollege
(und Foto-Staatspreisträger des Jahres 1997) Erich Lessing, der
Details der Entscheidungsfindung der Jury enthüllte: "Etwa
dreieinhalb Minuten hat es gedauert, bis wir Einstimmigkeit
erzielten - dann konnten wir zum Kaffee übergehen."
Manko Fotomuseum
Lessing nutzte die Gelegenheit, nicht nur die dokumentarische
Arbeit Webers zu würdigen, sondern machte sich auch Gedanken über
deren Aufbewahrung und künftige Pflege. "Österreich ist kein
visuelles Land, und es ist auch das einzige, in dem es kein
Fotomuseum gibt." Lessing monierte das Fehlen einer zentralen
Sammelstelle für das fotografische Erbe des Landes. Lediglich das
Kunsthistorische Museum (KHM) und die Sammlung Essl würden regelmäßig
Fotoausstellungen ausrichten, in der Albertina werde "unendlich viel
Geld - ich glaube nicht sehr gut - eingesetzt", die Sammlung
Fotografis könne ihre Bestände ebenso wenig zeigen wie die im
Rupertinum untergebrachte Fotosammlung des Bundes.
Feinfühliger Theaterfotograf
Weber ließ es sich aber zum Schluss der Feier nicht nehmen, sich im Blitzlichtgewitter der Fotografen, von der illustren Feierrunde (mit seiner Kamera) selbst ein Bild zu
machen. - Harry Weber wurde 1921 in Klosterneuburg geboren und musste als
Jude nach Palästina emigrieren. Nach dem Krieg kehrte er nach Wien
zurück. Als "stern"-Cheffotograf für Österreich prägte er über viele
Jahre das Genre der Reportagefotografie, als feinfühliger
Theaterfotograf für Musik- und Sprechtheater wurde er bald legendär.
Bezeichnung "Künstler" abgelehnt
Die Bezeichnung Künstler hat Weber, der im Vorjahr in einer großen
Ausstellung im Palais Harrach gewürdigt wurde, für sich stets
abgelehnt. Was "künstlerische Fotografie" sei, wüsste er noch immer
nicht, bekannte der Fotojournalist heute lächelnd - dass er den
Staatspreis in dieser Sparte entgegen nehmen dürfe, freue ihn
trotzdem außerordentlich. (APA)