Kolumbien
Bogota lehnt Gefangenenaustausch ab
Militäraktion zur Befreiung von Ingrid Betancourt aus den Händen der kolumbianischen FARC auf Wunsch der Familie abgebrochen
Bogota - Die kolumbianische Regierung hat einen
Austausch der von linken Rebellen entführten
Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt abgelehnt. Das Opfer
einer Entführung könne nicht gegen einen wegen Verbrechen
einsitzenden Rebellen ausgetauscht werden, sagte Innenminister
Armando Estrada am Montag (Ortszeit). Medienberichten zufolge hatten
die "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) ein Gesetz zur
Regelung des Austausches ihrer Geiseln gegen gefangen genommene
Rebellen gefordert. Die 40-jährige unabhängige Kandidatin für die Präsidentschaftswahl
im kommenden Mai war am Samstag von Rebellen der marxistischen FARC
im Süden des Landes verschleppt worden. Seither fehlt von ihr jedes
Lebenszeichen.
Präsident Andres Pastrana verurteilte die Entführung und
bezeichnete die Tat als Anschlag auf die Demokratie. UNO-
Generalsekretär Kofi Annan rief die Rebellen zur Freilassung
Betancourts und anderer Geiseln auf. Die Verschleppung Betancourts
sei ein "klarer Verstoß gegen das internationale Menschenrecht",
sagte er in New York. Gewaltakte wie diese gefährdeten die
bevorstehenden Wahlen. Pastrana hatte die Friedensbemühungen mit den
FARC am Donnerstag abgebrochen, nachdem mutmaßliche FARC-Rebellen
einen Senator aus einer gekaperten Passagiermaschine entführt hatten.
Die Streitkräfte teilten unterdessen mit, Soldaten hätten die
Region gefunden, in der die Politikerin festgehalten werde. Es wurde
zwar nicht mitgeteilt, um welchen Ort es sich handele, aber
einheimische Medien gingen davon aus, dass sich Betancourt in oder
nahe der bisherigen FARC-Zone befindet. Die Soldaten hätten Befehl
erhalten, die Entführer nicht zu verfolgen, um das Leben der Geisel
nicht zu gefährden. Darum habe die Familie Betancourts gebeten. In
früheren Fällen hatten die FARC ihre Geiseln umgebracht, wenn ihnen
die verfolgenden Soldaten zu nahe kamen.
Bei Anschlägen der FARC auf das Stromnetz wurden wieder weite
Teile des südamerikanischen Landes von der Energieversorgung
abgeschnitten. Vielerorts blieben auch die Telefone stumm. Zudem
berichtete der Radiosender Caracol, die Rebellen würden trotz des
vergangenen Donnerstag begonnenen Angriffs der Streitkräfte noch
immer Teile ihrer früheren Zone im Süden des Landes kontrollieren.
In San Vicente de Caguan, der größten Stadt in dem Gebiet von der
Größe der Schweiz, würden bereits Lebensmittel knapp, weil
Guerilleros noch immer die Fernstraße zu der Stadt Florencia
blockierten. Die Zeitung "El Tiempo" zitierte ungenannte
Militärquellen, bis zur vollständigen Kontrolle über die 42.000
Quadratkilometer große Rebellenregion könnten bis zu sechs Monaten
vergehen.(APA/dpa)