In der internationalen Finanzwelt schlägt derzeit eine im deutschen Sprachraum noch kaum beachtete Meldung Wellen: Calpers, der größte Pensionsfonds der USA, der ein Kapital von 174 Milliarden Euro (rund 2400 Mrd. Schilling) anzulegen hat, will nur noch in Ländern investieren, die bei den Menschenrechten und im sozialen Bereich Mindeststandards einhalten, also keine Kinderarbeit zulassen und gewerkschaftliche Aktivitäten nicht verbieten. Aus Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Thailand will sich Calpers zurückziehen. Dass dies nicht aus purer Menschenfreundlichkeit geschieht, gestehen die Fondsmanager selbst ein. Ihnen geht es, auch nach der Verunsicherung durch den Enron-Skandal, um die langfristigen Interessen der Anleger, nicht um kurzfristigen Gewinn. Wie dieses Ziel zu erreichen ist, wird im Schlagwort der Saison ausgedrückt, das jüngst auch beim Weltwirtschaftsforum in New York im Vordergrund stand: Corporate Governance. Danach handelt jenes Unternehmen am besten, das nicht nur den Interessen seiner Aktionäre, sondern auch jenen von Mitarbeitern und Konsumenten, vor allem aber der Allgemeinheit dient. In einem begrenzten Marktsegment werben so genannte "grüne Fonds" (die z. B. nicht in die Atom- und Rüstungsindus-trie investieren) seit Jahren für "Geldanlagen mit gutem Gewissen". Neu ist, dass sich nun auch ein Anlagegigant "sozial verantwortliches Investment" zum Ziel setzt. Laut Financial Times ist das Anlagevolumen Calpers' in den Schwellenländern für sich genommen zu gering, um dort die Verhältnisse zu ändern. Der Fonds hat aber in den USA eine starke Führungsrolle, durch die er im Finanzsektor einen "Schneeballeffekt" auslösen könnte. Wenn das zutrifft, könnte die Welt einer "Globalisierung mit menschlichem Antlitz" einen Schritt näher kommen. (DER STANDARD, Printausgabe 23.2.2002)