Afrika
Spannungen in Madagaskar gefährlich verschärft
Heftige Proteste nach Verhängung des Ausnahmezustands - Selbstproklamation des Oppositionsführers zum Präsidenten
Antananarivo - Nach Verhängung des
Ausnahmezustands spitzt sich die Lage in Madagaskar weiter
gefährlich zu. Am Wochenende demonstrierten zehntausende Anhänger von
Oppositionschef Marc Ravalomanana, der sich am Freitag eigenmächtig
zum Präsidenten ausgerufen und vor rund 100.000 Anhängern den Amtseid
abgelegt hatte, in der Hauptstadt Antananarivo. Die Demonstranten
blockierten die Straßen zu Ravalomananas Wohnsitz mit Barrikaden,
offenbar um ihn vor möglichen Angriffen zu schützen. Die Regierung
von Präsident Didier Ratsiraka hatte angekündigt, gegen Aufruhr mit
allen Mitteln vorzugehen. Die Streitkräfte haben sich in dem Konflikt
bisher neutral verhalten. Der 52-jährige Ravalomanana, Bürgermeister der madegassischen
Hauptstadt, hatte bei der Präsidentenwahl Mitte Dezember die meisten
Stimmen erhalten, jedoch nach amtlichen Ergebnissen die absolute
Mehrheit verfehlt. Er sprach jedoch von Wahlfälschung und
beanspruchte den Sieg bereits im ersten Durchgang. Ratsiraka kann nun
durch die Bestimmungen des Ausnahmezustandes in den kommenden drei
Monaten per Dekret regieren. Die Stichwahl wurde auf den 24. März
verschoben.
In nahezu täglichen Massendemonstrationen bekräftigte die
Opposition in den vergangenen Wochen ihren Anspruch auf Übernahme der
Regierung und brachte das öffentliche Leben zum Stillstand. Nachdem
er sich selbst zum Präsidenten proklamiert hatte, versprach
Ravalomanana, den Inselstaat aus der Armut zu führen und den
Anschluss an die Industrieländer zu suchen.
Frankreich, die ehemalige Kolonialmacht Madagaskars, verurteilte
das Vorgehen des Oppositionsführers als versuchten Staatsstreich
und Verletzung sowohl der Verfassung als auch der Prinzipien der
Vereinten Nationen und der Organisation der Afrikanischen Einheit
(OAU). Politische Beobachter befürchteten eine weitere Eskalation.
Ex-Admiral Ratsiraka war bereits von 1975 bis 1993 Staatspräsident
und hat dieses Amt seit 1997 erneut inne. Madagaskar ist seit 1960
unabhängig. Auf der Insel vor der afrikanischen Ostküste leben knapp
16 Millionen Einwohnern, 70 Prozent davon unter der Armutsgrenze. (APA)