Inland
Gedenktafel mit Herzl-Zitat beschäftigte Salzburger Landtag
Beschluss: Zitat wird nicht ergänzt und Anzeige gegen Künstler nicht zurückgezogen
Salzburg - Die Gedenktafel für den Begründer des Zionismus,
Theodor Herzl, auf der neuen Residenz in der Stadt Salzburg
beschäftigte am Mittwochnachmittag den Salzburger Landtag. Die Grünen
hatten beantragt, die Anzeige gegen den Künstler Wolfram Kastner
zurückzuziehen, der im Sommer des Vorjahres mit Studierenden der
Sommerakademie das Zitat ergänzt hat. Der zuständige
Landtags-Ausschuss lehnte den Antrag aber einstimmig ab (die Grünen
haben im Ausschuss selbst kein Stimmrecht).Ergänzung
Zur Vorgeschichte: Die Stadt Salzburg hat die Gedenktafel
angebracht, auf der folgendes Zitat steht: "In Salzburg brachte ich
einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu. Dr. Theodor HERZL
1860 - 1904". Kastler ergänzte mit den Studierenden im Sommer 2001
mit einem Filzmarker das Zitat: "Ich wäre auch gerne in dieser
schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung
eines Richters befördert worden." Die Liegenschaftsverwaltung des
Landes Salzburg erstattete daraufhin Anzeige wegen Sachbeschädigung
gegen Kastner. In der Vorwoche wurde der Künstler vom Amtsgericht
München dazu einvernommen.
Im Landtagsausschuss am Mittwoch hat ein Antrag der SPÖ für einen
"bewussten und wahrheitsgetreuen Umgang mit dem geschichtlichen Erbe
der jüngsten Vergangenheit" zwar noch einhellige Zustimmung gefunden,
ein Zusatzantrag der Grünen wurde dann aber ebenso einhellig
abgewiesen. Die Abgeordnete Heidi Reiter hatte eine Umsetzung des
soeben gefassten Beschlusses gefordert und beantragt, dass das
Herzl-Zitat vollständig ergänzt werde. Ebenfalls abgelehnt wurde dann
noch der Antrag Reiters, die Anzeige gegen den Künstler
zurückzuziehen.
"ÖVP, SPÖ und FPÖ sprechen sich in unverbindlichen
Grundsatzbeschlüssen großspurig gegen jede Geschichtsfälschung aus,
um dann beim ersten konkreten Anlass prompt zu versagen", kritisiert
Reiter. Und Kastner kommentierte das Vorgehen des
Landes so: "Beschädigt wird nun zusätzlich das Ansehen Salzburgs
durch das rechthaberische Nachtreten der Liegenschaftsverwaltung, des
stellvertretenden Landeshauptmanns (Wolfgang Eisl, V, der für die
Liegenschaften zuständig ist, Anm.) und der Staatsanwaltschaft des
Landes Salzburg. Sie sollten lieber leise die Tafel auf ihre Kosten
angemessen verbessern, als laut und töricht auf der Fälschung zu
beharren." (APA)