Rust - Mit massiver Kritik an der Bundesregierung und dem
Versuch, die Politik der Wiener Stadtregierung als Gegenmodell
darzustellen, hat der Wiener Bürgermeister und SP-Landesparteichef
Michael Häupl die Klubtagung der Wiener SPÖ im burgenländischen Rust
eröffnet. "Ich freue mich auf den Tag, an dem die Menschen diese
Episode einer VP-FP-Regierung nur noch als Wolke am Horizont
empfinden", sagte Häupl in seinem rund einstündigen Referat.
Angesicht der Irak-Reise des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider
(F) sprach Häupl von einem "blanken außenpolitischen Chaos" in der
Bundesregierung. Durch "Egomanie, Chaos, Eitelkeit, Selbstdarstellung
und dem Schweigen der ÖVP" werde Österreich fundamental geschadet.
Häupl zu Haiders Bagdad-Besuch: "Das größte Problem ist, dass er
wieder zurückgekehrt ist."
An der FPÖ kritisierte Häupl angesichts des
"Anti-Temelin-Volksbegehrens" ihre Gegnerschaft zur EU-Erweiterung
nach dem Motto "eich Behm woll'n ma net". Die FP wünsche sich ein
"ordentliches reaktionäres Europa": "Die hätten am Liebsten nur
Österreich wäre in der EU und vielleicht auch Bayern".
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), für Häupl "der Trappist, der
im Metternich-Zimmer des Bundeskanzleramtes sitzt", habe bei diesem
Thema zwar sein "Schweigegelübde" gebrochen und die Europa-Politik
samt EU-Erweiterung als Herzstück der Regierung bezeichnet.
Allerdings, so Häupl: "Das Herz ist ihm sofort rausgerissen worden
und die Regierung gibt es noch immer."
Innenpolitisch konfrontierte Häupl den Bund mit einer ganzen
Listen an Verschlechterungen, zu denen es seit Antritt der Regierung
vor zwei Jahren gekommen sei. So hätten sich die Steuern um 20
Prozent erhöht, die Inflation sei von 0,6 auf 2,7 Prozent gestiegen,
das Wirtschaftswachstum von 2,8 auf 1,1 Prozent gesunken.
Häupl forderte von der Regierung eine Steuerreform, mit der kleine
und mittlere Einkommen entlastet werden sollten: "Der Finanzminister
soll ihnen wenigstens einen Teil seines Raubzugs zurückgeben." Als
Gegenmodell zum "Sozialabbau" der Regierung sprach sich Häupl für die
Einführung eines steuerfreien Mindestlohns in der Höhe von 1.000 Euro
(13.760 S) aus.
"Bund spart, Wien greift ein"
"Der Bund spart ein und erschließt sich neue Einnahmequellen. Wir
versuchen, so weit es geht helfend einzugreifen." So charakterisierte
der Wiener Bürgermeister und SP-Landesparteichef Michael Häupl am
Donnerstag bei der SP-Klubtagung im burgenländischen Rust das
Verhältnis zwischen der Stadt Wien und dem Bund. Häupl verwies unter
anderem auf Wiener Infrastruktur- und Wirtschaftsförderungsmaßnahmen
sowie auf die Bildungs- und Technologiepolitik der Bundeshauptstadt.
Häupl kritisierte massiv die von Finanzminister Karl Heinz Grasser
(F) angedachte Erhöhung der Grundsteuer. Wohnungsmieter und Besitzer
von Einfamilienhäusern würden dadurch verstärkt belastet: "Da machen
wir sicher nicht mit."
Dem Bund warf er auch vor, bei der Wirtschaftsförderung 400 Mill.
Euro (5,5 Mrd. S) und bei Investitionen 500 Mill. Euro gestrichen zu
haben. Wien habe dagegen diese Mittel erhöht. So würden heuer durch
die Stadt, ihre ausgegliederten Unternehem und
Public-Private-Partnerships 244 Mill. Euro in der Bundeshauptstadt
investiert.
Häupl plädierte weiters für eine verstärkte Bekämpfung der
Jugendarbeitslosigkeit. Arbeitsminiser Martin Bartenstein (V) warf er
in diesem Zusammenhang "Verständnislosigkeit und Herzlosigkeit" vor,
weil er ein Angebot zur gemeinsamen Erhöhung von Fördermitteln für
Qualifikationsmaßnahmen ausgeschlagen habe.
Nicht nur für Arbeitnehmer gelte unter der derzeitigen
Bundesregierung das "Prinzip Verzweiflung", so Häupl. Sie würden von
Jahr zu Jahr mehr belastet. Die Arbeitgeber hingegen könnten nach dem
"Prinzip Hoffnung" leben. Sie würden nach Belastungen in den Jahren
2001 und 2002 ab dem kommenden Jahr wieder Geld zurück bekommen. Im
gesamten Sozialbereich gelte das Motto "Kürzen, kürzen, kürzen". In
Wien würden dagegen "die Instrumentarien einer fundamentalen
Sozialpolitik" erhalten bleiben: "Da muss man uns schon raustragen,
wie schon einmal. Aber vorher nicht."
Beim Wohnen warf der Bürgermeister der ÖVP vor, nach dem Motto
"der Hausbesitzer ist alles und der Mieter ist nichts" zu agieren.
Auch hier werde sich Wien dagegen stellen, so Häupl: "Mit uns Wiener
Sozialdemokraten wird den kommunalen Wohnbau und die Gemeindebauten
niemand ankratzen."
Kritik übte Häupl einmal mehr auch am Integrationsvertrag der
Bundesregierung: "Er räumt nicht die Rechte ein, die Voraussetzung
für die Erfüllung von Pflichten sind." Es sei absurd, Geld für
bezahlten Deutschkurse zu verlangen und den Migranten gleichzeitig zu
verbieten, Geld zu verdienen. "Das ist im Wesentlichen ein
Pflichtenheft der Marke Khol an die Ausländer in der Stadt." (APA)