Wien - In den Industriestaaten bleiben immer mehr Paare
unfreiwillig kinderlos. Ein Teil ist wohl auf den Wunsch vieler
Frauen zurückzuführen, erst spät Kinder zu bekommen. Für den
Innsbrucker Umweltmediziner Klaus Rhomberg spielt aber sicher
auch die Schadstoffbelastung eine Rolle. Dies erklärte er am
Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.
"In den fünfziger Jahren betrug der Anteil der kinderlosen Paare
noch fünf bis acht Prozent. Wir wissen, dass sich ihre mögliche
Anzahl auf 15 bis 20 Prozent gesteigert hat", sagte Rhomberg bei
einer Pressekonferenz der Gesellschaft zur Förderung von Wissenschaft
und Forschung, die Projekte außerhalb des "Mainstreams" privat
fördern will.
Zahl der Spermien verringert
Der Umweltmediziner hat für die Gesellschaft eine Dokumentation
über Hinweise auf die Beteiligung von Umweltgiften und Schadstoffen
an der angenommenen Abnahme der Fertilität zusammengestellt. Nach
ersten Forschungsergebnissen in den fünfziger Jahren sei mittlerweile
von Fachleuten akzeptiert, dass sich beispielsweise die Zahl der
Spermien im Ejakulat verringert habe.
Rhomberg über die seiner Meinung nach bisher völlig unzureichenden
Konsequenzen aus diesen Beobachtungen: "Man setzt lieber die
Normwerte herunter, als dass man sich auf die Suche nach den Ursachen
begibt." Wären 951 noch 120 Millionen Spermien pro Milliliter
Samenflüssigkeit als normal angesehen worden, hätte die WHO 1989
einen Normalwert von nur noch 20 Millionen Spermien pro MIlliliter
etabliert.
Cocktail an Pestiziden
Für den Umweltmediziner ist jedenfalls gesichert, dass vor allem
der in der modernen Welt ständig vorhandene Cocktail an Pestiziden,
Insektiziden, PCB, Hexchlorbenzol, Holzschutzmitteln und
Schwermetallen wie Blei, Cadmium, Quecksilber etc. an der
verringerten Fertilität ursächlich beteiligt ist. Hinzu käme, dass
manche der Substanzen Hormon-ähnliche Wirkungen hätten und auch noch
in geringsten Mengen ihren Effekt auf die Fruchtbarkeit von Mann und
Frau entfalteten.
Rhomberg nannte dazu Beobachtungen der Heidelberger Endokrinologin
Ingrid Gerhard: "Die Hälfte der (unfreiwillig kinderlosen)
Paare könnte sich eine In-Vitro-Fertilisierung ersparen, wenn sie
sich vom Umweltmediziner behandeln ließen." Allein durch Information
über die größten Expositionsrisken gegenüber Umweltbelastungen und
einer möglichst großen Einschränkung der Aufnahme bzw. auch durch die
"Ausleitung" solcher Substanzen aus dem Körper hätte die Expertin die
IVF-Erfolgsrate stark erhöhen können.
"Das Ergebnis war erschreckend"
Der Umweltmediziner: "Die Erfolgsrate hat sich in der Ambulanz von
Gerhard von 30 auf mehr als 60 Prozent verbessert." Wer also
unfreiwillig kinderlos sei, sollte laut dem Innsbrucker Arzt
jedenfalls "beim Biobauern kaufen": "Ich fordere eine Förderung des
ökologischen Landbaus."
Klaus Kastenhofer von Global 2000 fasste bei der
Pressekonferenz die Ergebnisse der von seiner Organisation in Auftrag
gegebenen Analyse von zehn Kilogramm aus Spanien importierter Paprika
zusammen: "Das Ergebnis war erschreckend. Wir haben bis zu acht
Pestizide in einer Probe gefunden." Bei manchen der entdeckten
Substanzen gebe es wegen ihrer Hormon-ähnlichen Wirkung einen unteren
Schwellenwert. Besonders wichtig aber sei der "Cocktail-Effekt" der
verschiedenen enthaltenen Schadstoffe.
(APA)