Zeit
Ungarns "Haus des Terrors" soll "Haus der Versöhnung" werden
Museum für Opfer der faschistischen Pfeilkreuzler und des kommunistischen Terrors
Budapest - Schwarz-Weiß-Fotos der Opfer bedecken hohe Wände
im "Haus des Terrors" in Budapest. Davor ein alter sowjetischer
Panzer als Symbol für die Täter. Auf einem Bildschirm weint ein alter
Mann: "Wir müssen vergeben, doch können nicht vergessen". Ihm und
allen Opfern der Zeit der ungarischen faschistischen Pfeilkreuzler
sowie des kommunistischen Terrors will das Museum ein Denkmal setzen,
eingemeißelt in schwarzen und roten Granit."TERROR"
In der Andrassy-Straße Nr. 60 wird das neue Museum eröffnet. An
der Außenfassade eine schwarze Wand, die verkündet: Terror. In diesem
Gebäude befand sich in den Jahren 1945 bis 1956 die Zentralen der
zwei totalitären des 20. Jahrhunderts - der ungarischen
faschistischen Pfeilkreuzler sowie der Terrororganisation der
Kommunisten. Das Haus der ungarischen Stasi wurde zu einem Ort des
Schreckens und der Angst. Maria Schmidt, Generaldirektorin des
Museums, das als einzigartig in Europa bezeichnet wird, betonte auf
einer Pressekonferenz am Mittwoch in Budapest: Zwölf Jahre nach der
Wende können wir endlich über die "unausgesprochenen,
unabgeschlossenen Kapitel der Geschichte sprechen. Es ginge um eine
"Genugtuung" für die Opfer. Dabei würde kein Unterschied gemacht
zwischen den Opfern der ungarischen faschistischen Pfeilkreuzler und
den Opfern des Kommunismus.
Das "Haus des Terrors" wurde in einer Rekordzeit von eineinhalb
geschaffen, mit einem Aufwand von 12,34 Mill.
Euro. Auf drei Etagen wird den Opfern ein Denkmal
errichtet - aus der Zeit von Oktober 1944 bis Mitte der 60er Jahre.
Im Keller des Gebäudes erinnern sechs Galgen an die grausamen Taten
während der kommunistischen Diktatur, nebenan Bilder der verstorbenen
und heute noch lebenden Täter. Hinter der Tür mit dem einstigen
Schild "Turnzimmer" befand sich die Folterkammer. Hunderte von
Menschen wurden in dem "Haus der Treue" - wie die ungarischen Nazis
ihre Zentrale nannten - gequält und ermordet. Und das Morden ging
weiter, als das Haus in der Andrassy Straße Nr. 60 zum Sitz der
Terrororganisation der Kommunisten wurde.
Kein Ort der "Hexenverfolgung"
Die 3600 Fotos stammen aus dem Amt für Geschichte, ebenso
verschiedene Dokumente. Dabei wurde das Museum "verspätet" errichtet,
erklärte Maria Schmidt. Denn bereits vor zehn bis 20 Jahren hätte den
Opfern ein solches Denkmal errichtet werden müssen. Zugleich würde
das "Haus des Terrors" beweisen, dass die für die Freiheit gebrachten
Opfer nicht umsonst waren. In diesem Gebäude wurde auch Kardinal
Jozsef Mindszenty verhört, der sich gegen die faschistischen
Pfeilkreuzler gestellt hatte und dann von den Kommunisten als
Kriegsverbrecher verurteilt worden war.
Der bekannte ungarische Humorist Sandor Fabry, einer der
Initiatoren des Museums, erklärte gegenüber, er hoffe, dass
das "Haus des Terrors" kein Ort der "Hexenverfolgung" wird. Dieses
Haus solle nicht mit der Tagespolitik konfrontiert werden und müsse
das "Haus der Versöhnung sein". In den letzten zwölf Jahren sei diese
Vergangenheitsbewältigung einfach unter den Teppich gekehrt worden.
"Ich wäre sehr traurig, wenn im Nazizimmer konservative ungarische
Skinheads Hauptprobe halten würden", so Fabry.(APA)