Wien - "Guten Tag, zeigen Sie mir Ihren Stromvertrag, bitte. Dann kann ich Ihnen zeigen, wie Sie fünf Prozent der Kosten einsparen." Der Herr an der Haustür von Frau W. im fünfzehnten Bezirk gibt sich geschäftig. "Aha, Sie wollen, dass ich den Stromanbieter wechsle", Frau W. hat's sofort durchschaut. Sie möge statt wie bisher von Wienstrom künftig von Verbund-Raiffeisen Ware Wasserkraft (RWW) den Strom beziehen, lockt der Herr an der Haustüre. Die Frau lehnt aber eine Vertragsunterzeichnung zwischen Tür und Angel ab.

Solche Szenarien spielen sich derzeit an vielen Wiener Haustüren ab. Wie DER STANDARD berichtete, sind jetzt in den Bundesländern Stromvertreter unterwegs, um Konsumenten zur Vertragsunterzeichung bei RWW, myelectric oder switch, neuen Stromanbietern am Markt, zu überzeugen.

"Wir wissen, dass das nicht jedermanns Sache ist." Bei der RWW bestätigt ein Sprecher auf STANDARD-Anfrage die Keilermethode. Man lasse das von professionellen Partnerfirmen erledigen, die darauf spezialisiert seien. "Das ist für uns der erfolgreichste Vertriebsweg".

Eine Einschätzung, die man auch beim Stromanbieter switch, eine Tochtergesellschaft von EVN, Wienstrom, Linz AG, Energie AG Oberösterreich und der burgenländischen Bewag teilt. "Wir haben eine Abschlußquote von bis zu 60 Verträgen pro Tag", freut sich Geschäftsführer René Huber über ein "sehr effizientes Mittel" zur Stromkundengewinnung. Die switch akquiriert vor allem in Vorarlberg, Salzburg und der Steiermark.

Beschwerden über unfeine Methoden häufen sich bei der Arbeiterkammer. In Niederösterreich warnt man bereits seit Wochen vor dreisten Geschäften mit teurem "Billigstrom". So würden sich Stromwerber unter falschem Namen melden, hohe Spareffekte versprechen, die man bei der Arbeiterkammer aber für völlig unrealistisch hält. (aw/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.2.2002)